"Die These, dass die Angelegenheiten aller Menschen irgendwie zusammenhängen, dürfte heute kaum Widerspruch finden", beantwortete Zöpel die Frage nach einer Weltgesellschaft. Dem müsse auch
institutionell Rechnung getragen werden. "Das bisherige System internationaler Politik - die Staatenwelt mit dem Gewaltmonopol nach innen und einem Recht auf Kriegsführung - muss durch ein
politisches System der Weltgesellschaft ersetzt werden, mit globaler Regionalisierung und Gewaltenteilung", so der Vorschlag Zöpels. In den Mittelpunkt seiner Überlegungen stellt er die Vereinten
Nationen. Er fordert, sie zu einem demokratisch legitimierten Weltapparat auszubauen.
Aufteilung in 10 Weltregionen
Die wesentliche Frage sei nicht, "ob es eine Weltgesellschaft gibt, sondern ob und wie sie politikfähig werden kann.", so Zöpel während der Buchpräsentation. Als Lösung schlägt er ein
föderales 3-Ebenen-System vor, mit der UN als oberster, globaler Ebene. Sie werde in einwohnerbezogene Regionen eingeteilt, die den UN-Sicherheitsrat bilden. Realistisch seien 9 bis 10 Regionen,
mit durchschnittlich 660 Millionen Einwohnern: China, Indien, die USA mit Zentralamerika, Südamerika, Subsahara-Afrika, der Mittlere Osten, Russland mit den GUS-Staaten, Europa und ein oder zwei
asiatische Regionen. Diese Weltregionen teilten Staatlichkeit mit den ihnen zugehörigen kleineren Staaten, der dritten Ebene.
Die Strukturen für diese "reale Utopie" seien größtenteils bereits vorhanden: "Es gibt mit der UN eine ausdifferenzierte Exekutive und es gibt eine hoch entwickelte internationale
Gerichtsbarkeit." Was fehle, sei ein globales Parlament, vor dem vor allem die westlichen Staaten zurückschreckten, da in ihm bei globaler Repräsentativität von 660 Sitzen 130 auf Chinesen, 110 auf
Inder, 49 auf Europäer und 30 auf US-Amerikaner entfallen würden. Das Hauptdefizit der globalen Ebene sei jedoch das Finanzielle. Die UN hat ein Budget von 11 Milliarden US-Dollar, dem steht
beispielsweise ein US-Verteidigungsetat von 495 Milliarden US-Dollar gegenüber.
Als Beispiel für das Funktionieren globaler Politik nannte Zöpel die Gesundheitspolitik mit dem Hauptergebnis der Verlängerung der Lebenserwartung von 46 auf 67 Jahre seit 1945 und der
Bekämpfung und Ausrottung von Infektionen. Daneben seien auch in der Umweltpolitik mit dem Konzept der Nachhaltigkeit und dem FCKW-Verbot die Erfolge von globaler Politik sichtbar.
Abschließend unterstrich Zöpel, "dass die Eine Weltgesellschaft möglich ist, als reale Utopie eines Lebens für mehr als neun Milliarden Menschen. Und sie wird sein wird, als wenn die
Menschheit weiterhin aufgesplittert ist und sich ihre Staaten bekämpfen."
Gero Fischer
Christoph Zöpel: Politik mit 9 Milliarden Menschen in Einer Weltgesellschaft, vorwärtsbuch Berlin 2008, Broschur, 640 Seiten, 29,95Euro, ISBN-13: 978-3866029842
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