Dieter Hildebrandt trat unter seiner Regie zum ersten Mal auf dem Theater in einer Hauptrolle auf. Im Vorwort zum Buch erinnert er sich daran, wie Gerlach Fiedler ihn, den nervösen Neuling,
damals beruhigte. Wer diese Autobiographie liest, die aus Interviews und Monologen zusammengestellt ist, erhält einen Eindruck davon, was den Hintergrund dieser Ausstrahlung von Ruhe und
standhafter Hilfe bildet.
Wahres Glück
Mit seinem Elternhaus hatte Gerlach Fiedler offenbar großes Glück. Für ein deutsches Publikum wiederum ist es ein Glück von standhaften Preußen zu erfahren, die nicht militaristisch und
nicht von Hitler fasziniert waren. Das hier gemalte Bild widerspricht mancher Schablone von Opfern, Tätern und Mitläufern. Gerlach Fiedler erzählt von dem, was ihm an freiem Handeln möglich war,
ohne zum Tode verurteilt zu werden. Er legt aber auch dar, wie dies von glücklichen Umständen abhing, von einem bekannten und human gesinnten Richter zum Beispiel. Gleichzeitig beschreibt er,
dass, einer wie er, der in einer Strafkompanie landete, weil er sich verweigerte, trotzdem nach Kriegsschluss keine bessere Behandlung erfuhr als andere. Er wurde zum russischen Kriegsgefangenen,
floh, wurde in der Heimat erneut festgehalten, floh erneut, hatte diesmal mehr Glück, weil es ihm gelang, in eine andere Besatzungszone zu wechseln. In Hamburg war er in Sicherheit und konnte an
seine ersten Schauspielerfahrungen anknüpfen.
Wunsch nach Freiheit
Die Hitlerjugend widerstrebte ihm mit ihrem Fordern des Dienstes, dem Nivellieren des Persönlichen. Den Drang nach persönlicher Freiheit wie das Beharren auf humanen Werten verdankte
Gerlach Fiedler seinen Eltern. Seine Mutter hatte in jungen Jahren einen Akademikerinnen-Bund gegründet. Sie wollte nicht, dass ihr Sohn Schauspieler werde.
Das ganz Eigene
Doch so wie sie ihr Eigenes wollte, hatte er das Seine durchgesetzt. So ist er auch der Auffassung, dass ein Schauspieler im Spiel nicht in eine völlig andere Rolle ginge, sondern immer
etwas von sich hinein gäbe - ebenso der Regisseur.
Als er seine Karriere startete, spielte der Rundfunk eine sehr große Rolle. Fiedler prägte ihn mit, so durch eine über 35 Jahre ausgestrahlte Jugendsendung.
Vielseitig
Schauspieler, Regisseur, Leistungssportler, Autor. Gerlach Fiedler ist eine vielseitige Persönlichkeit. Sein bewegtes Leben spiegelt Zeit auf besondere Weise. Durch die Reihung von
Interviews, die von verschiedenen Personen geführt wurden, wiederholt sich dieses oder jenes. Das ändert jedoch nichts daran, dass insgesamt ein lesenswertes Buch entstand.
Dorle Gelbhaar
Gerlach Fiedler "Alles Theater. Erinnerungen", Aschenbeck Verlag Bremen 2009, 454 Seiten, 24,80Euro ISBN 978-3-939401-92-6
ist freie Autorin, Vorstandsmitglied des Verbands deutscher Schriftsteller im ver.di-Landesverband Berlin sowie stellvertretende Vorsitzende des Kulturwerks Berliner Schriftsteller e. V.