Kultur

Mo Asumang und die Suche nach den Ariern

Sie will etwas tun gegen Rechtsextremismus und die persönliche Ansprache ist ihr Weg: Mo Asumang hat im Dokumentarfilm „Die Arier“ Extremisten und Rassisten getroffen. Jetzt tourt sie durch Schulen.
von Yvonne Holl · 12. Dezember 2014

Eine Statistik war ihre Motivation: Alle 30 Minuten wird in Deutschland eine rechtsextreme Straftat begangen. Jemand mit dunkler Haut wird verprügelt, ein Hakenkreuz auf Stein geschmiert, usw. „Mir reichts langsam“, dachte sich Mo Asumang und zog los und machte einen ungewöhnlichen Film. In der Dokumentation „Die Arier“ geht sie der Frage nach, wer oder was Arier eigentlich sind. Sie selbst wurde einst bedroht: Eine rechtsextreme Band mit dem Namen „White Aryan Rebels“ rief in einem Song zum Mord an ihr auf. Weil sie dunkle Haut hat.

Eine Spurensuche

Die Familie ihres Vaters stammt aus Afrika. Was Mo Asumang erst selbst recherchieren musste: Die Familie ihrer Eltern galt im Deutschland der Nazizeit als arisch. Der Film ist eine persönliche Spurensuche und Konfrontation gleichzeitig.

Sie hat keine Angst

Die Szenen machen Gänsehaut. Obwohl Mo Asumang sagt: „Ich kann angstfrei auf die Menschen zugehen.“ Der Satz bekommt eine besondere Bedeutung angesichts der Szenen in Wismar, wo Männer mit schweren Stiefeln, dunkler Kleidung und geschorenen Köpfen durchaus bedrohlich wirken. Was bewegt die Moderatorin und Filmerin, auf Menschen zuzugehen, die ihr zurufen: „Du hast hier nichts zu suchen, wir wollen Dich nicht.“ –  „Ich kann verzeihen“, sagt sie schlicht.

Fronten aufweichen, sich näher kommen, Räume schaffen

Und sie ist überzeugt davon, dass nur der Dialog etwas bewegt: „Was den Rechtsextremismus angeht, stecken wir in einer Sackgasse“, sagt die 51-Jährige. „Nach der Nazizeit war die Methode, damit umzugehen Schweigen.“ Kein erfolgreicher Weg, wie sie glaubt. „Wir müssen eine neue Methode finden.“ Ihr Ziel ist es: „Die Fronten aufweichen, sich näher kommen, Räume schaffen.“ 

Weg vom Verkopften, hin zum Persönlichen

Einige Menschen, die sie im Film trifft, hält sie für nicht mehr zugänglich. Darunter ist Tom Metzger, Gründer der White Aryan Resistance, der überzeugt ist, Arier seien das Sahnehäubchen der weißen Rasse. Axel Stoll wiederum glaubt, dass Mond und Mars von Nazis besiedelt sind und scheint sich ohnehin in einem ganz eigenen Kosmos zu bewegen. Dann gibt es da aber auch noch Chris, „meinen Chris“, wie Mo Asumang sagt, einen jungen Mann der ausgestiegen ist aus der Neonazi-Szene und jetzt ihr Freund ist. Hätte jeder hierzulande einen Chris, glaubt Mo Asumang, dann wäre das ein gutes Mittel gegen Rechtsextremismus und Rassismus.

Nachfragen beim NPD-Funktionär

Ihr Weg ist der persönliche Zugang. „Ich will die Leute weg führen aus dem Verkopften, hin zum Persönlichen.“ Deshalb fragt sie Ronny Zasowsk, so genannter „Chef des Amtes Bildung“ bei der NPD, was genau denn mit ihren Kleidern und Möbeln passieren würde, wenn sie, wie er es wünscht, aus Deutschland ausgewiesen würde. Da bröckelt etwas in seiner starren Haltung, ihr Nachfragen irritiert den Mann, der die Hände hinter dem Rücken zu halten versucht. Schließlich sagt er: „Wenn nötig, helfe ich ihnen beim Packen, da bin ich ganz Gentleman.“ Seine harte Ausstrahlung hat er da längst verloren. 

„Manchmal spüre ich bei meinem Gegenüber, dass da irgendwo hinter der harten Schale ein Lächeln ist, dass ihm gerade über die Lippen huschen will. Und ich weiß, er wird sich an diesen Moment erinnern.“

Arier – das Hirtenvolk aus Zentralasien

Das sind die Momente für die sie kämpft. Für die sie halsstarrig nachfragt und Abstruses aufzeigt, aber auch Spannendes und Unbekanntes. So fuhr Asumang für „Die Arier“ in den Iran und traf Angehörige des Volkes der Arier. Denn bevor Hitler den Begriff missbrauchte, war der begriff Arier die Bezeichnung eines Hirtenvolkes in Zentralasien. Die im übrigen nichts mit der Vorstellung von hochgewachsenen Weißen zu tun haben. „Wir sind gute Menschen, Töten ist schlecht“, sagt eine Frau im rosengemusterten Rock in Asumangs Mikrofon. Ihr Mann beteuert: „Wir Arier denken, Hitler war verrückt.“ Und: „Es gibt keine Unterscheidung zwischen den Völkern.“

Sie tourt durch Schulen

Für Mo Asumang war nicht nur die Arbeit am Film wichtig, sondern auch die mit ihm: Sie besucht Schulen in  ganz Deutschland. Sie zeigt dort ihren Film „und dann wird ein bis zwei stunden diskutiert“, berichtet die gebürtige Hessin. Häufig wird sie eingeladen, weil es in der Klasse oder Schule einen rassistischen Übergriff gab oder neonazistische Strömungen. Asumang will diesen Leuten eine Brücke bauen, um auszusteigen aus der Szene. „Ich wünsche mir, dass ein einzelner Mensch sich verändert. Dass er wächst und echtes Selbstbewusstsein entwickelt.“ Denn dann, so ist sie überzeugt, „tritt er auch nicht nach unten“. 

Mehr zum Film finden Sie hier.

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Autor*in
Yvonne Holl

ist Redakteurin für Politik und Wirtschaft.

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