Die Geschichte der Beatles ließe sich als eine endlose Reihe von Erfolgen und Rekorden erzählen. Auffällig dabei wäre, wie zufällig und leichtfüßig die Beatles, die doch im Sommer 1960 gerade neu formiert durch die Szeneclubs von Hamburg tingelten, eine weltweite Welle der Begeisterung auslösten wie vor ihnen vielleicht nur Frank Sinatra oder Elvis Presley. Aber bei einem genaueren Blick erscheint der Aufstieg der Beatles als wohlgeplante Karriere, maßgeblich zurechtgeschneidert von dem Manager Brian Epstein und dem Produzenten George Martin, dem inoffiziellen "fünften Beatle".
Die erste Boyband
Konzipiert als erste Boyband, wurde Trennendes wie Charakterunterschiede - der Spaßvogel Ringo Starr, der stille George Harrison - sowie Gemeinsames wie die Pilzkopffrisur und das Image als Schwiegermutter-Lieblinge bewusst als sympathische Erkennungsmerkmale stilisiert. So wurden die Beatles zu einer Marke, die sich musikalisch und filmisch vermarkten ließ.
Nur zwei Dinge waren nicht planbar: Das unglaubliche Talent der vier Musiker, das nicht zuletzt in einer permanenten Weiterentwicklung ihres Schaffens begründet lag, und die persönlichen Entwicklungen der vier Beatles. So wie aus den verschiedenen Menschen die legendäre Band geworden war, zerfiel sie auch wieder in jene vier Individuen. Aus den Jugendlichen des Jahres 1960 waren zehn Jahre später Erwachsene geworden, die unterschiedliche Impressionen auf dem gemeinsamen Weg gewonnen hatten und miteinander immer weniger anfangen konnten.
Der letzte Vorhang
Am Ende der Beatles standen wieder John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr. Und ihre Musik, die sie nicht mehr zusammenhielt. Stattdessen fühlten sie sich von den Fans erdrückt, von Lennons Yoko Ono aufgewiegelt, von psychedelischen, esoterischen und politischen Eindrücken auseinandergebracht. Mit "Let it be", dem dreizehnten Studioalbum der Gruppe, fiel 1970 der letzte Vorhang.
Auch über das Nachleben der Beatles gibt es kaum etwas zu schreiben. Während die Musiker in Drogen, persönlichen Rivalitäten und Selbsterfahrungstrips versanken, wurde ihre Musik immer wieder neubelebt, in Sammelalben, Soundtracks, Musikshows und Coverversionen. So wurden Hits wie "Yesterday", "All you need is love" und "Strawberry fields forever" neben vielen anderen zu modernen Klassikern. Ergänzt um die wenigen großen Lieder, die Lennon, McCartney und Harrison als Solokünstler hervorbrachten: "Imagine" etwa, oder "My sweet lord". Der Rest reicht bei weitem nicht an das Wirken der gemeinsamen Jahre heran.
Die Legende
Zur Legendenbildung um die Beatles trugen auch die Ermordung John Lennons 1980 und der Krebstod George Harrisons im Jahr 2001 bei. Postume Ehrungen, diverse Gerüchte und Gedenkkonzerte manifestierten ebenso den Ruhm der Beatles, wie sie zur Verklärung der Menschen hinter den Bandmitgliedern beitrugen. Die Beatles leben weiter, doch die Personen sind verschwunden.
Heute taucht Ringo Starr nur noch gelegentlich aus dem internationalen Jetset auf, um die Finger zum ewiggleichen Victory-Zeichen zu formen und ewiggleich zu lächeln. Paul McCartney erscheint inzwischen mindestens ebenso oft auf der Bühne als leicht heiserer Evergreener wie auf den Titelblättern der Klatschpresse an der Seite einer anderen jungen Frau.
Doch all dies tut den Beatles keinen Abbruch, denn die Musiker und ihre Musik haben sich längst voneinander getrennt. Die Musik hat den Olymp erreicht, die Menschen aber, die sie erschaffen haben, sind dem Vergessen anheimgefallen. Was bleibt, ist eine Legende.
erhielt 2008 den Literaturpreis des Landes Sachsen-Anhalt, 2011 erschien sein erster Roman, „Folgen einer Landpartie“.