Sie schienen seit Ausbruch der Finanzkrise 2008 ausgestorben zu sein. Doch es gibt sie noch, jene die mehr Markt und weniger Staat fordern. Nicht im neoliberalen Sinn, sondern radikaler. Einer von ihnen heißt Rainer Hank und ist Wirtschaftsleiter der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Für den Autor steht fest, dass der Staat zu viele Aufgaben übernehme. In seinem Buch „Die Pleiterepublik“ beschreibt Hank wie es zu der hohen Staatsquote kam – historisch wie verhaltensökonomisch. Fundament seiner Argumente ist sein Freiheitsbegriff: „Es macht einen Unterschied, ob man die Welt von der Freiheit oder von der Gleichheit her begründet. Je nachdem ergeben sich völlig unterschiedliche Vorstellungen, was gerecht ist.“ Der Staat wie Hank in möchte solle lediglich den Schutz des Einzelnen garantieren.
Zu viel Staat
Hank kritisiert die „Tyrannei des Fürsorgestaates“. Der verzerre mit seinen Ausgaben den Wettbewerb, behindere die Freiheit, entmündige den Bürger und verdränge bürgerliches Engagement und Eigeninitiative.
Ursachen für Staatsschulden liegen für Hank auch in der Demokratie begründet. Politiker würden, weil sie wiedergewählt werden möchten, Wohlfahrtsgeschenke verteilen: Kostenlose Kita-Plätze, Sonderregelungen für alleinerziehende Hartz-IV-Mütter, Elterngeld usw. Für Hank Geschenke, von denen die Mittelschicht am meisten profitiere. Sie führten zu hohen Staatsausgaben. Bei niedrigen Einnahmen müssten Kredite auf Kosten der nächsten Generationen aufgenommen werden.
Zurück zu den Stadtstaaten
Als Grund für die Schuldenkrise nennt der Autor auch die Verletzung der No-Bail-out-Klausel, dem Verbot für die Schulden eines anderen einzuspringen. Nicht nur innerhalb der Europäischen Union, sondern auch zwischen Gebietskörperschaften solle ein No-Bail-out gelten: Der Bund dürfe nicht für Länder oder Kommunen einspringen.
Hank präsentiert in „Die Pleiterepublik“ auch einen Weg aus der Schuldenkrise: Zurück zu den Stadtstaaten. Diese Forderung ist nicht nur kleinkariert und unrealistisch, sondern verkennt auch die Dimension der Globalisierung: Konkurrenten wie China, die USA oder Brasilien würden Stadtstaaten wie Köln, Berlin oder München platt machen. Und wenn sie jeweils ihre eigenen Währungen hätten, wie es Hank vorschwebt, würden sie zum leichten Spielball der Finanzmärkte werden – Island lässt grüßen.
Unerträglich undifferenziert
Hanks Analyse ist leicht verständlich. Er disqualifiziert sich allerdings selbst, indem er sich zu billigen und populistischen Provokationen hinreißen lässt. So nennt er den Staat einen Dieb, spricht von Rasse statt Ethnie oder stempelt die Griechen als Partymacher ab. Unerträglich undifferenziert!
Zudem bedauerlich, dass Hank sich am radikalen Liberalismus des 18. Jahrhunderts orientiert. Die Welt hat sich seitdem weiter gedreht. Ist es nicht an der Zeit, Freiheit und Gleichheit miteinander zu verbinden, statt gegeneinander auszuspielen? Sind gerade im Hinblick auf die Finanz- und Schuldenkrise nicht neue Konzepte, neue Modelle gefragt? Ist Solidarität, etwa mit Griechenland, nicht mehr als nur rhetorische Propaganda, wie Hank behauptet? Der Autor hat es verpasst neue Ansätze und Visionen anzustoßen.
Rainer Hank: „Die Pleiterepublik. Wie der Schuldenstaat uns entmündigt und wie wir uns befreien können“, Karl Blessing Verlag, München 2012, 448 Seiten, 19,95 Euro, ISBN 978-3-89667-421-0