Zwei Kernfragen erörtert der Dozent für internationales Recht und Außenpolitik. Ist der Irakkrieg des George W. Bush legal? Korrelieren Macht und Recht, oder siegt der Stärkere?
Die Charta der Vereinten Nationen verpflichte alle Staaten, nicht willkürlich Krieg zu führen, sondern Gewalt nur anzuwenden, wenn sie dem Selbstschutz dient. Darüber entscheide allein der
Sicherheitsrat der UN. Bushs Irakinvasion verstoße gegen das Völkerrecht, weil die UN kein grünes Licht gab.
Juristische Normen sind extrem biegsam; der britische Generalstaatsanwalt verkündete trotzig, dass der Irakkrieg legal sei. Die USA, glaubt Byers, missbrauchen "das Recht zur
Selbstverteidigung".
Doch verursache nicht nur Bush die Krise der internationalen Gemeinschaft. Das Beispiel des Sudan zeige ihre Handlungsunfähigkeit. Obwohl im Sudan ein Völkermord geschah, beschloss der
Sicherheitsrat keine konkreten Maßnahmen. Oft handle der Rat auch dann nicht, "wenn dies moralisch dringend geboten ist".
Nicht selten gäben "zweideutige" UN-Beschlüsse der Interpretation breiten Spielraum. Gegner und Befürworter des Irakkrieges beriefen sich auf Verlautbarungen der UN. Kofi Annan hielt die
amerikanische Intervention für illegal. Der Robustere, kann man folgern, legt fest, was unter "rechtmäßig" zu verstehen sei.
Die Worthülse "Selbstverteidigung" schillere in tausend Farben. Darf man Staaten angreifen, sofern sie Terroristen beherbergen? Israel bejahe diese Frage und bombardiert palästinensische
Gebiete. Umstritten sei nicht minder die "präventive Selbstverteidigung". Washington definiere die vorbeugende Gefahrenabwehr als "naturgegebenes Recht". Kritiker sehen darin eine
"destabilisierende Doktrin". Das internationale Recht erlaube die Prävention nur in "extremen Fällen".
Bush und Blair wollen den Irak "demokratisieren". Laut Byers kaschieren sie damit nur, dass der Irak, im Gegensatz zu ursprünglichen Behauptungen, Massentötungswaffen nicht besitze. Außerdem
dürfe kein Staat die Innenpolitik anderer Länder bestimmen.
Die UN nähmen weder Amerikaner noch Briten ernst. "Unsere Besorgnis ist", äußerte Blair, dass der Sicherheitsrat auf eine Bedrohung nicht reagieren kann". Richtig tadelt der Autor diese
"Vision von Macht ohne Verantwortung"; sie erinnere an die Zeit der Kreuzritter und Konquistadoren.
Skrupellos agiere George W. Bush, der UN-Resolutionen nur unterstütze, wenn sie seinen Interessen entsprechen, denn die Amerikaner betonen traditionell das Prinzip der uneingeschränkten
Souveränität. Auch werde die Mentalität der "frontier" nach außen getragen. Heute, so Byers, verstoßen die USA gegen ihre eigenen Unabhängigkeitsideale.
Willkür hier, Passivität dort? Obwohl er nicht reflektiert, wie die Situation zu bessern sei, hat der Autor ein lesenswertes Buch verfasst.
Rolf Helfert
Michael Byers, Kriegsrecht, Parthas Verlag, Berlin 2005, 215 Seiten, 24, 80 Euro, ISBN 3-86601-099-0
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