Kultur

Löwengrube Politik

von Birgit Güll · 16. April 2014

Spitzenpolitik war selten so aufregend wie in aktuellen TV-Serien – und wohl selten so beliebt. „House of Cards“, „Homeland“ und „Borgen“ heißen die Serien, die sich mit politischer Macht und ihrer Wirkung beschäftigen und Zuschauer fesseln.

Wenn der Fraktionsführer der Demokraten dem 45. US-Präsidenten den Kampf ansagt, wenn eine junge CIA-Agentin einem Terroristen auf der Spur ist, den alle als Kriegshelden feiern, dann ist man in den USA. Vor allem aber ist man mitten in zwei der erfolgreichsten Fernsehserien der Gegenwart. „House of Cards“ erzählt von Macht und ihrer Wirkung. Francis Underwood (Kevin Spacey) ist im wahrsten Sinne des Wortes bereit, über Leichen zu gehen. Andere zu manipulieren und für seine Zwecke zu instrumentalisieren, gehört für ihn zum kleinen Einmaleins. Unterstützt wird er von seiner schönen und nicht minder intriganten Frau Claire (Robin Wright). Gemeinsam wollen sie ganz nach oben, koste es was es wolle. Produziert vom Internetsender „Netflix“ hat die Serie innerhalb kürzester Zeit eine große Fangemeinde erobert. Mittendrin: der 44. Präsident der USA Barack Obama. 

Der hatte bereits vor zwei Jahren seine Begeisterung für die Serie „Homeland“ bekundet. Dabei hat diese Produktion des Senders „Showtime“ ein denkbar schwieriges Thema: die USA im Krieg gegen den Terror. CIA-Agentin Carrie Mathison (Claire Danes) hat den Hinweis bekommen, dass ein im Irak inhaftierter US-Soldat die Seiten gewechselt habe. Als der Soldat Nicholas Brody nach fast 8-jähriger Gefangenschaft befreit wird, ist Carrie sicher, dass er der Verräter ist. Doch Brody ist ein Held und niemand will glauben, dass er sich für die Al Quaida einen Sprengstoffgürtel umschnallen könnte. Bald hat er Zugang zu den höchsten Führungskreisen der USA. Die junge Frau wird als verrückt abgestempelt, was sich verschärft, als herauskommt, dass sie manisch-depressiv ist. Soviel sei verraten: Es kommt eine Sprengstoffweste ins Spiel.

Fiktion und Wirklichkeit überschneiden sich

Etwas weniger aufregend, aber nicht weniger politisch ist die dänische Serie „Borgen“ („Gefährliche Seilschaften“) „Borgen“ ist die Abkürzung für Christiansborg, den Sitz des dänischen Parlaments und des Regierungschefs. Der ist im Fall dieser 2010 gestarteten Serie – und in Wirklichkeit, seit die Sozialdemokratin Helle Thorning-Schmidt das Amt 2011 übernommen hat – eine Frau: Birgitte Nyborg (Sidse Babett Knudsen), verheiratet, Mutter zweier halbwüchsiger Kinder und Vorsitzende der fiktiven Partei „Die Moderaten“. Als sie zur ersten weiblichen Ministerpräsidentin gewählt wird, versucht sie ihre politischen Ideale, ihre Karriere und ihr Privatleben unter einen Hut zu bringen. 

Dramatisierung schadet nicht

„Borgen“ ist ein bisschen weniger glamourös als „Homeland“ und „House of Cards“, dafür wohl etwas realistischer: viele Sitzungen, mehr Kompromisse, als der Politikerin lieb sind, und ein Liebesleben, das mit Amtsantritt erstmal auf Eis liegt. Keine Terroristen und keine Toten. Dafür eine weibliche Regierungschefin, deren Partner Kinder und Küche managt und die eigene Karriere erst mal hintanstellt. Es klappt nicht. Doch zuzusehen, wie die Frau ihr Amt führt, ihrem Mann anbietet, Sex im Terminkalender zu verankern, und oft genug mit ihren Kinder zu frühstücken, macht große Freude. Das ist gut. Wenn dagegen Francis Underwood und seine Frau einen jungen Politiker aufbauen, nur um ihn zu vernichten, ist das böse und gerade deswegen gut. „Ich muss Ihnen sagen, das Leben in Washington ist ein bisschen langweiliger als es diese Serien zeigen“, erklärte Barack Obama im Fernsehen. Die Politserien sieht er trotzdem gern. Weil Politik ein spannendes Geschäft ist. Dass sie fürs Fernsehen noch ein bisschen dramatisiert wird, schadet nicht – im Gegenteil.

Autor*in
Birgit Güll

ist Redakteurin, die für den „vorwärts“ über Kultur berichtet.

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