Lola schreibt

"Los Angeles - Berlin. Ein Jahr" ist ein Tagebuch ungefilterter Eindrücken und Erfahrungen. Beiden Autoren teilen in ihren Aufzeichnungen Träume, Freuden und Enttäuschungen. Vieles bleibt zwangsläufig trivial, geradezu belanglos außerhalb des Gedankenkosmos der Autoren. Franka Potente berichtet von Autoraten, amerikanischen Weihnachtsritualen oder der Wohnungssuche in Los Angeles, Urlacher von den Hunden der Nachbarin, dem Leben im Berliner Stadtteil Kreuzberg oder seine wechselnden Schauspielengagements. Daneben wartet die Weltpolitik - die Vorbereitungen des Irakkriegs auf der einen, die Antikriegsdemonstrationen auf der anderen Seite des Atlantiks. Eingeteilt in Monats-Kapitel dokumentieren die Briefe die täglichen politischen Neuigkeiten ebenso wie die unterschiedliche Wahrnehmung der Ereignisse.

Der etwas zähe Lesefluss macht immer wieder bewusst, dass Potente und Urlacher keine gelernten Schreiberlinge sind. Wer sich davon nicht abhalten lässt, dem begegnen in und zwischen den Zeilen sehr persönliche, durchaus unterhaltsame Geschichten. Wie so viele junge Menschen muss auch die Schauspiel-Newcomerin bei ihrer Entdeckung der neuen Welt allerdings vor allem erfahren, wie bedrückend das Vermissen des Zurückgelassenen, des Vertrauten sein kann. Trotz des beruflichen Erfolges und der aufflammenden Faszination für die "Stadt der Engel" entscheidet sich Potente letztendlich für die Rückkehr "nach Hause", nach Berlin. Ironischerweise hat ihr Pendant Urlacher sich beinah zeitgleich entschieden, eben diese Stadt zu verlassen.

Potentes Schritt ist nicht Resignation, sondern der Endpunkt eines langen Reflektionsprozesses. "L.A was very good to me", fasst es die Trägerin des Deutschen Filmpreises letztendlich zusammen, "but I miss home, I don't belong here." Der Briefwechsel erzählt von eng beieinander liegenden Empfindungen, dem Wunsch nach Aufbruch und Veränderung, aber auch von Stillstand, Fremdsein und Sehnsucht. Das stärkste Motiv jedoch ist eine Freundschaft, die Distanz und Zeit überwindet ohne dabei an Beständigkeit oder Trost spendender Kraft zu verlieren.

Michael Funk

Herder Verlag, Freiburg 2005, 192 Seiten , 19,90 Euro, ISBN 3-451-28847-8