Kultur

Leben mit Behinderung

von Dagmar Günther · 18. Juni 2007
placeholder

Sie arbeitet in der Näherei, spielt in ihrer Freizeit Fußball und macht Leichtathletik. Mit Interesse hat sie den G8-Gipfel verfolgt, freut sich über die Hilfe für Afrika, die dort vereinbart wurde. - Paula Hamann ist eine der Jugendlichen, die beim Abend "Besondere Begegnungen" mitwirkten. Wie die anderen arbeitet sie in den "Delphinwerkstätten": einer Einrichtung zur beruflichen und sozialen Eingliederung von Menschen mit Behinderungen.

Stütze, die Halt gibt

Ein Jahr lang lernen die Jugendlichen alle Bereiche der Werkstätten kennen - erst dann entscheiden sie sich für einen Abteilung. Das Angebot ist breit: Es reicht von der Garten- und Landschaftspflege über die Näherei bis zur Elektromontage. Die Delphinwerkstätten bieten zahlreiche Dienstleistungen und Produkte für Unternehmen und Privatpersonen an. Menschen mit Behinderungen ermöglichen die Werkstätten eine Berufsausbildung und den Zugang zum Arbeitsleben.

Einmal pro Woche treffen sich die jungen Menschen, um gemeinsam zu musizieren. Eine Kostprobe ihres Könnens gaben sie bei der Veranstaltung des Österreichischen Kulturforums. Sie sangen und tanzten.. Geleitet wurde die Gruppe von Elisabeth Mutschler. Sie absolvierte nach einem Musik- und Tanzstudium Kurse zur Musik in der Heilpädagogik. Das Schönste in ihrem Beruf? "Die Menschen, denen wir eine Stütze sind, geben uns den Halt im Leben.", antwortet sie frei nach der österreichischen Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach, die mit ihren psychologischen Erzählungen zu den bedeutendsten deutschsprachigen Erzählerinnen des 19. Jahrhunderts zählt.

"ABC für Jedermensch"

Mit allen Dimensionen des Leben von "A", wie Alter über "S" wie Sport bis "Z" wie Zivildienst beschäftigt sich das Buch "ABC für Jedermensch - Von und über Menschen mit geistiger Behinderung". Herausgegeben hat es die "Lebenshilfe Salzburg" anlässlich ihres 40-jährigen Bestehens. Sie " ist in Österreich Vorreiterin für die Arbeit mit geistig Behinderten", erklärt der Schriftsteller Erwin Riess, der das Buch vorstellt. Er selbst sitzt seit 1983 im Rollstuhl und engagiert sich in der Behindertenbewegung.

Erwin Riess schätzt an dem Buch, dass es nicht nur über Menschen mit Behinderung, sondern auch mit ihnen gemacht wurde. In kleinen Geschichten berichten sie über wichtige Aspekte ihres Lebens. Gleichzeitig schreiben in "ABC für Jedermensch" Persönlichkeiten, deren Stimme in der Öffentlichkeit gehört wird. So berichtet etwa der österreichische Sozialminister Erwin Buchinger (SPÖ) von den Erfahrungen mit seinem behinderten Sohn. Der Schriftsteller Karl Markus Gauß beschreibt seinen Zivildienst bei der Lebenshilfe - und den seines Sohnes, der fast 30 Jahre später teilweise mit denselben Menschen arbeitet.

In der Mitte angekommen

"Wir sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen", freut sich Erwin Riess über die Erfolge der Behindertenbewegung, "haben aber noch viel Arbeit vor uns." Neben dem Buch der Lebenshilfe Salzburg präsentierte der Schriftsteller seinen aktuellen Roman "Der letzte Wunsch des Don Pasquale", dessen Hauptfigur ein Rollstuhlfahrer ist.

Es war ein bunter und vergnüglicher Abend, bei dem jede Menge über das Leben von Menschen mit Behinderung zu erfahren war.

Birgit Güll

Lebenshilfe Salzburg (Hrsg.): ABC für Jedermensch. Von und über Menschen mit geistiger Behinderung, Ott -Müller Verlag, Salzburg. 2007, 192 Seiten, 19 Euro, ISBN-10: 3701311277

Erwin Riess: Der letzte Wunsch des Don Pasquale, Otto Müller Verlag. Salzburg. 2006, 391 Seiten, 22 Euro, ISBN-10: 370131120X

Delphinwerkstätten: www.skf-berlin.de

Autor*in
Dagmar Günther

war bis Juni 2022 Chefin vom Dienst des vorwärts.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare