Kultur

„Kunst für alle“

Kunst ist politisch. Das zeigt Klaus Staeck, der Künstler und Präsident der Akademie der Künste, einmal mehr mit der Schau „Kunst für alle. Multiples, Grafiken, Aktionen aus der Sammlung Staeck“. Der unermüdliche Einmischer zeigt mehr als 300 Werke aus seiner Sammlung.
von Birgit Güll · 18. März 2015
Neues vom Gold, 1983, von Joseph Beuys.
Neues vom Gold, 1983, von Joseph Beuys.

Ein politischer Gruß zum Abschied: Klaus Staeck beendet in diesem Jahr seine Amtszeit als Präsident der Akademie der Künste mit der Schau „Kunst für alle“. Staeck, der Künstler, Aktivist, Sozialdemokrat, der unermüdliche Einmischer zeigt mehr als 300 Werke aus seiner Sammlung. In den alten Räumen der Berliner Akademie der Künste, am Hanseatenweg, hat er eine riesige Collage ausgebreitet und lädt zur Entdeckungsreise ein ­– „Kunst für alle“.

„Ich bin an der Verbreitung von Ideen interessiert“

In der Ausstellung sind mehr als 300 Multiples – in höherer Auflage vervielfältigte künstlerische Werke – und Grafiken aus seiner Sammlung zu sehen, darunter einige der berühmtesten Objekte der Auflagenkunst. Mehr als 150 Künstlerinnen und Künstler sind Teil der umfassenden Schau, darunter Joseph Beuys, Nam June Paik, Rebecca Horn, Sigmar Polke, Gerhard Richter und  Rosemarie Trockel.

Dass sie nicht alle der gleichen Kunstrichtung angehören, hindert sie nicht daran, ein gemeinsames Demokratisierungsmodell zu unterstützen. „Ich bin interessiert an der Verbreitung von physischen Vehikeln in Form von Editionen, weil ich an der Verbreitung von Ideen interessiert bin“, erklärte einst Joseph Beuys zu den Multiples.

„Tötet Eure Galeristen“

Für die Demokratisierung der Gesellschaft und der Kunst – gegen die Regeln des Marktes: In den 1960ern entsteht eine bis heute aktive Künstlerbewegung, die Kunst möglichst allen zugänglich machen will. Sie sagt sich von den etablierten Institutionen los: „Tötet Eure Galeristen. Kollegen! Gründet Eure eigene Galerie. Gründet eine Produzentengalerie.“ Das druckt Dieter Hacker 1971 auf das Plakat zur Eröffnung seiner „7. Produzentengalerie“ in Berlin. Die Künstler arbeiten im eigenen Auftrag und auf eigene Rechnung und doch gemeinsam. So entstehen zahlreiche Künstlerinitiativen, Editionen, Produzenten- und Autorenkollektive.

Ihr zentrales Ausdrucksmittel ist das Multiple: avantgardistische Arbeiten zu bezahlbaren Preisen, für möglichst viele leistbar. Der Künstler Klaus Staeck gehört zu den Miterfindern dieser Auflagenkunst und ist zugleich einer ihrer Sammler.

Der Ausbruch aus dem etablierten Kunstbetrieb schlägt sich auch in Aktionen und Initiativen nieder. Etwa die Initiative „Freiheit statt Strauß. Aktion für mehr Demokratie“ von 1979 gegen den CSU-Politiker Franz-Josef Strauß. Oder die Aktion gegen die „Bild“-Zeitung „Wir arbeiten nicht für Springer-Zeitungen“ von 1980. Zu den künstlerischen Interventionen gehören auch die „Ideentreffs“, bei denen Künstler und Intellektuelle ab 1998 den Austausch mit der SPD pflegten. In der Schau zeugen Aktionsfotos und Plakate ebenso von den Aktionen wie von Künstlern gestaltete Postkarten – das kleinste und vielseitigste Format eines Multiples.

„Ich verneige mich vor diesem Präsidenten“

„Kunst für alle ist ein Versprechen“, sagt Klaus Staeck bei der Eröffnung der Schau am Dienstagabend. Der Raum in der Akademie der Künste ist völlig überfüllt, als Hermann Parzinger, der Präsident die Berliner Stiftung Preußischer Kulturbesitz, der Kunsthistoriker Horst Bredekamp und der Künstler Achim Freyer für und über Klaus Staeck sprechen. Die Akademie der Künste hat Staeck zu einer Institution gemacht, die sich einmischt, die für unterdrückte Künstler kämpft und Meinungsfreiheit verteidigt. „Ich verneige mich vor diesem Präsidenten“, sagt Freyer über Staeck.

„Wenn man Glück hat, ist Kunst menschliche Wärme“, sagt Staeck. Mit seiner Sammlung hätte er problemlos zehn Hallen füllen können, erklärt er. Er habe sich aber auf zwei beschränken lassen. Für Staeck ist Kunst politisch. Die Schau betrachte er „als Teil der politischen Bildung“. Die sei nötig, denn die Demokratie sei verletzlich, sie müsse verteidigt werden. „Ich bin überzeugter Sozialdemokrat“, sagt Staeck und fügt hinzu „mit preußischer Gesinnung, dem Anarchismus zugeneigt, ohne dass man es selbst machen muss“.

Zu der Schau hat Staeck einen Begleitband veröffentlicht. „Die Kunst muss nichts, aber es bleibt spannend, was sie kann und was geschieht, wenn sie sich produktiv an der Politik reibt“, schreibt er darin. Staeck ist ein nimmermüder Kämpfer für Freiheit und Demokratie. Heute kämpft er gegen den Neoliberalismus – gegen amazon, TTIP und CETA, gegen eine unpolitische Gesellschaft. Immer noch gilt Staecks Credo: „Nichts ist erledigt“.

Die Ausstellung ist bis zum 7. Juni 2015 in der Akademie der Künste, Hanseatenweg 10, zu sehen.

 

 

 

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Birgit Güll

ist Redakteurin, die für den „vorwärts“ über Kultur berichtet.

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