Kultur

Kultur in Bedrängnis

von Jonas-Otto Werner · 19. September 2014

Kunst- und Kulturschaffende in Europa sehen die Freiheit ihrer Arbeit gefährdet. Auf der Fachkonferenz „Europa kreativ?” wurde am vergangenen Freitag über Ursachen und Gegenmaßnahmen gesprochen.

„Wir können in Europa eine zunehmende Einschränkung von künstlerischer Freiheit beobachten”, erklärte Carena Schlewitt, Direktorin der Kaserne Basel, zu Beginn der Konferenz in der Friedrich-Ebert-Stiftung. Damit seien nicht nur die Streichungen von Kulturförderungen gemeint, sondern auch Gesetze, die künstlerische Inhalte betreffen. Schlewitt kritisierte, dass „schleichend ein skeptisches, misstrauisches Klima gegenüber kritischer Kunst in der Gesellschaft geschaffen” wird.

Die EU kann nicht helfen

In Europa sei momentan vor allem die Situation unter Viktor Orbán in Ungarn besorgniserregend. Die dortige „folkloristisch-nationale Kulturpolitik” bedränge den Kultursektor mit einem antidemokratischen Mediengesetz und Kultureinsparungen in der freien Szene.

Die Europaabgeordnete Petra Kammerevert schloß sich der Sorge an. Sie verwies auf das Problem, dass die EU nicht über ausreichend Kompetenzen und Mittel im Kulturbereich verfüge, um auf nationaler Ebene auszuhelfen.

Unabhängig von den politischen Entwicklungen betonte Schlewitt, dass die Kunst durch die zunehmende Ökonomisierung eingeschränkt werde. Der Wert der Kunst liege u.a. darin, dass sie Misstände problematisiere und Bewusstsein für diese schaffe. Solche Kunst könne sich jedoch nicht immer finanziell rechnen und bringe die Künstler in eine prekäre Lage.

„Kultur muss man um ihrer selbst fördern”

Petra Kammerevert betonte hier den Stellenwert von Kulturförderung. Allerdings darf „Kulturförderung nicht mit Wirtschaftsförderung gleichgesetzt werden”, so die Abgeordnete und ergänzte “Kultur muss man um ihrer selbst fördern, nicht des Wachstums wegen”. Das neue EU-Förderprogramm „Kreatives Europa” solle für die nächsten sieben Jahre mit einem Budget von rund 1,5 Mrd. Euro an dieser Stelle ansetzen. Es ist als Ergänzung für nationale Förderungen gedacht und steht Künstlern in Europa zur Verfügung, die Projekte mit einem europäischen Mehrwert umsetzen wollen.

Der Geschäftsführer der Kulturpolitischen Gesellschaft Marc Grandmontagne kritisierte das EU-Förderprogramm. Im Vergleich zum Vorläuferprogramm „Kulturagenda 2007” seien zwar die Mittel gestiegen, die Künstler würden jedoch schlechter unterstützt. „Die Ziele des Programms, also europäischer Mehrwert und kulturelle Vielfalt, schlagen sich in den Ausführungsbestimmungen nicht wider”, erklärte Grandmontagne. Die Verwaltung besitze einen zu starken Fokus auf profitable Kunstprojekte und zudem sei das Programm strukturinterventionistisch. Man hätte die Anzahl geförderter Netzwerke von 50 auf 25 verringert und ziele darauf ab, den fragmentierten europäischen Kultursektor zu strukturieren. Nach Grandmontagne sei dies mit Blick auf die kulturelle Vielfalt kontraproduktiv.

Autor*in
Jonas-Otto Werner

war Praktikant beim vorwärts (2014).

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