Kultur

Konfuses, Kappes, Kurioses

von Matthias Dohmen · 16. Oktober 2013

Das hat es lange nicht mehr gegeben: Auf acht (!) Seiten Inhaltsverzeichnis verspricht Marietta Slomka, in ihrem Buch eine Unmenge Themen zu behandeln: Von Demokratie, Parteien und Pluralismus über den Präsidenten, Kanzler und Kandidaten, „Herdprämie“ und Rentenperspektive bis hin zu Europa („Wie hoch ist der Butterberg?“) und der Weltpolitik („Warum sind die Afrikaner am ärmsten dran?“).

Ein Kapitel heißt schlicht: „Theorien stimmen oft nur in der Theorie“. „Kappes“ sagt der Rheinländer, wenn ihm etwas zu konfus und wirr daherkommt. In ganz kleinen Häppchen werden große Themen präsentiert: „Manche Leser haben Lust, sich noch mal mit Grundfragen der politischen Philosophie oder volkswirtschaftlichen Zusammenhängen zu beschäftigen, andere werden das Kapitel zur Demokratietheorie nur überfliegen.“

DDR für Anfänger

Auf fünf Seiten entwickelt die Moderatorin des „heute-journals“ „Regierungsformen im Vergleich“. Davon kennt sie fünf, nämlich Kapitalismus, Kommunismus, Marxismus, Sozialismus und „neu im Mix: Kommunismus + Marktwirtschaft“. Als „weitere politische Strömungen, die meist auch von politischen Parteien vertreten werden“, zählt sie dann auf: Sozialdemokratie, Konservativismus, Liberalismus (übrigens ohne in diesem Zusammenhang die FDP zu erwähnen), Nationalismus, Nationalsozialismus und Faschismus. „Außerdem gibt es noch den Anarchismus, den jedoch kein Staat will“.

Es wundert sie nicht, dass „immer mehr Länder weltweit auf Demokratie umstellen“. Denn was „wären die Alternativen? König, Kaiser, Diktator, Kommunismus, Anarchie“. Und so weiter und so fort.

Für die Jüngeren unter den Leserinnen und Lesern hat sie einen Crashkurs über die DDR in ihr Werk aufgenommen. Zwei Beispiele mögen illustrieren, wie schlicht oder auch falsch die „Wahrheiten“ sind, die hier verkauft werden. Zur inneren Sicherheit: „Die Kriminalität war vergleichsweise geringer; es gab ja auch nicht so viel zu klauen und zu betrügen.“ Und zur abendlichen Beschäftigung: „West-Fernsehen zu sehen, war offiziell verboten“.

Versprechen oder Drohung: Das „Nachfolgebuch“ ist in Arbeit

Slomka hat Volkswirtschaft und Internationale Politik in Köln und Canterbury studiert, bevor sie beim ZDF als Parlamentskorrespondentin einstieg und für ihre Dokumentationen „Osteuropa, China und Afrika“ bereiste. Für ihre Arbeit wurde sie mehrfach ausgezeichnet, darunter mit dem Grimme-Preis und dem Medienpreis für Sprachkultur der deutschen Gesellschaft für Sprache. So steht es im Klappentext, und so wollen wir es glauben.

Am Ende verspricht sie, zu den „mindestens zwanzigtausend Aspekten der deutschen, europäischen und internationalen Politik, die ich hier nicht behandelt habe“, baldigst „ein Nachfolgebuch“ zu präsentieren. Oder sollte das eine Drohung sein?

Marietta Slomka: "Kanzler, Krise, Kapital. Wie Politik funktioniert", C. Bertelsmann Verlag, München 2013, 541 Seiten, 19,99 Euro, ISBN 978-3-570-10077-6

Autor*in
Matthias Dohmen

Matthias Dohmen hat Germanistik, Geschichte, Politologie und Philosophie studiert, arbeitet als freier Journalist und ist 2015 mit einer Arbeit über die Rolle der Historiker West und Ost im "deutschen Geschichtskrieg" promoviert worden.

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