Kultur

Kleingärtner Kaminer

von Die Redaktion · 6. September 2007



Von der Parzelle 118 in der Berliner Kleingartenkolonie "Glückliche Hütten" verspricht sich Familie Kaminer ein wahres Paradies auf Erden. Mit Gartenmöbeln und Grill im Gepäck bezieht sie ihren Garten. Aber bevor diese überhaupt zum Einsatz kommen können, wartet noch sehr viel Arbeit und so manche Überraschung. Mit Spaten und Gartenschere bewaffnet, machen sich alle ans Werk.

So einfach wie gedacht, geht das nämlich nicht. Denn schon bald macht Kaminer erste Bekanntschaft mit dem Bundeskleingartengesetz, der Baumschutzverordnung, dem Kreislaufwirtschaftsgesetz und mit dem Abfall- und Biotoilettengesetz. Verdutzt stellt er fest, dass er schon unzählige Male gegen diverse Paragraphen verstoßen hat. Das heißt in der Praxis: Umpflanzen von Hecken, die nicht an der richtigen Stelle gesetzt wurden und Abholzen von nicht gestatteten Bäumchen. Kaminers Fazit lautet: Genau genommen ist jeder Kleingärtner ein Verbrecher.

Das Leben im Schrebergarten - Fluch oder Segen?

Allmählich entflammt in Kaminer dennoch die Leidenschaft an der Gartenarbeit. Er gräbt, erneuert die Laube, legt zusammen mit seiner Familie Beete an. Und er staunt über seine Nachbarn, die fleißig und emsig durch den Garten wieseln.

Viele kleine Abenteuer hält Kaminer in seinen Geschichten fest: So erhält Gartennachbar Günther Grass, der auf merkwürdige Weise mit seinen drei Bäumen verbunden zu sein scheint, aber nichts mit dem berühmten Autor und Nobelpreisträger zu tun hat, sogar extra ein Kapitel.

Auch andere skurrile Bekanntschaften, wie die mit dem schlafwandelnden Kanarienvogel oder dem kurzen Leben der kleinen Fruchtfliege inspirieren Kaminer. Zu guter Letzt schlägt Kaminer sich mit der Frage herum, was mit den Massen hauseigener Äpfel passieren soll.

Am Ende eines aufregenden Gartenjahres mit vielen überstandenen Problemen hat sich der Aufwand jedoch gelohnt. Nicht nur um einige interessante Bekanntschaften reicher geworden beendet Kaminer auch seinen Roman erfolgreich mit dem Satz "und darauf trinken wir noch einen".

Wie gewohnt erzählt Wladimir Kaminer auch in seinem neuen Roman "Mein Leben im Schrebergarten" einfach drauf los. Er kommt vom Hundertsten in Tausendste. Mitunter lässt er dabei seinen Assoziationen zu freien Lauf, sodass manchmal der Humor etwas verloren geht. Dem Lesevergnügen tut das keinen Abbruch. Es macht einfach Spaß, Kaminer bei seinen ersten Erfahrungen als Gärtner zu begleiten. Dafür sorgen sein lakonischer Erzählstil und sein Talent, unbedeutenden Dingen auf humoristische Weise zu neuer Wichtigkeit zu verhelfen.

Edda Neumann

Wladimir Kaminer: Mein Leben im Schrebergarten, Manhattan Verlag, 2007, 17,95 Euro, 224 Seiten, ISBN-13: 978-3442546183

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