In dem kleinen häuslichen Büro, in dem ich mir Gedanken über die „vorwärts Galerie“ mache, hängen Bilder. Links hinter meinem Schreibtisch ein Strawalde (aus der Vor-Wendezeit), rechts ein kleiner Jörg Immendorff, an der Bücherwand ein Computer-Kopf des Österreichers Peter Kogler, vor der Tür eine Verwischung von Vostell und ein frühes Blatt von Emil Schumacher.
Bilder hängen im Wohnzimmer, im Schlafzimmer, in der Küche, im Bad und auf dem Flur, und Bilder hingen in allen meinen Büros.
Die Liebe zur Kunst hat eine positive Kehrseite: Sie nährt die Künste. So ist die Geschichte der Kunst nicht nur eine der kreativen Schöpfungen, sondern zugleich eine der Mäzene, Sammler und Sponsoren. Wo stünden wir heute ohne die bedeutenden Mäzene?
Vergils Aeneis gäbe es nicht, wenn nicht der reiche Römer Maecenas der Kultur hold gewesen wäre. Karl V. förderte Tizian, der Vatikan Raffael. Später sind es die bürgerlichen Förderer. Und nicht zu vergessen Galerien und Kunsthändler. Sie alle, Künstler, Galerien und Kunsthandel leben von uns – den Sammlern!
Nun gibt es Sammler wie Sand am Meer. Sie horten Fingerhüte, Blechdosen, historische Nachttöpfe, Militaria und Schnupftabaksdosen. Und dann gibt es eine kleine Anzahl, die Kunst horten – die meisten von ihnen sind besessen.
Sammeln, das ist erotische Lust und Sisyphos in einem. Ein endloser Weg. Die Lust am Sammeln bewirkt, dass jeder Euro, der über ist, sich auf wundersame Weise in ein Objekt der Begierde verwandelt.
Ein Traum: Wenn alle, die am Monatsende etwas über haben, nur einen Bruchteil in Kunst investierten: Welch eine Lust könnten sie erfahren und welche künstlerische Blüte das Land!
Der Lohn des Sammelns ist hoch. Man lüftet seine müden Sinne, lernt wieder neugierig zu sehen, gewinnt ästhetische Maßstäbe, wird immunisiert gegen mediale Bilderfluten. Und schlägt der totalen Dominanz der Ökonomie ein schönes Schnippchen.
Dahin zu gelangen mag Sisyphos-Arbeit sein. Aber wer sagt uns, dass Sisyphos unglücklich war – hatte er doch ein Ziel vor Augen.
Die Edition
40 Exemplare nummeriert und signiert,
Blattgröße: 32,9 x 48,3 cm
Preis incl. MW-Steuer und
Versand: 150,00 Euro
Björn Engholm war 1981/82 Bundesbildungsminister, 1988 bis 1993 Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein und 1991 bis 1993 SPD-Parteivorsitzender.