Karikaturist Klaus Stuttmann: Merkels Raute wird in Erinnerung bleiben
Schon im September haben Sie ein „Merkel-Bilderbuch“ und damit eine Art Rückblick auf Angela Merkel veröffentlicht. Hat es Sie überrascht, als sie vor einigen Wochen dann tatsächlich erklärt hat, dass sie nicht nochmal als CDU-Vorsitzende kandidiert?
Wirklich überrascht war ich nicht. Es wird ja schon seit Anfang des Jahres immer wieder spekuliert, dass innerhalb der CDU etwas passieren könnte. Deshalb hatten wir auch etwas Sorge, wann der richtige Zeitpunkt für die Veröffentlichung des Buchs sein würde. Letztendlich haben wir Glück gehabt, dass es nun so gut passt. Es war aber eher ein Zufall als hellseherische Fähigkeiten. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Frau Merkel im Sommer selbst noch nicht wusste, dass sie Ende des Jahres nicht mehr CDU-Vorsitzende sein wird.
Als Karikaturist haben Sie Angela Merkel viele Jahre begleitet. Wie hat sie sich als Figur im Laufe der Zeit verändert?
Angela Merkel hat sich sicher anders verändert als meine Figur. Sie ist ja mit der Zeit verhärmter geworden und ich zeichne sie nach wie vor eher barock. Am Anfang habe ich noch experimentiert und musste einen Zugang finden. Inzwischen hat sich aber ein Merkel-Bild entwickelt, das nicht unbedingt der Wirklichkeit entspricht. Trotzdem erkennt sie jeder. Bei Helmut Kohl war das ja ähnlich. Da wurde am Anfang auch herumexperimentiert und irgendwann stand dann die Birnenform fest, die er ja eigentlich auch nicht hatte.
Was ist an Angela Merkel besonders charakteristisch?
Als Angela Merkel ihre erste Rede als Bundeskanzlerin gehalten hat, wollte ein Fernsehsender hinterher von mir wissen, was mir an ihr aufgefallen sei. Damals habe ich geantwortet: die Knöpfe an ihrer Jacke. Dieses Bild hat sich mir bis heute eingeprägt und ich zeichne sie noch heute meistens mit drei Knöpfen, auch wenn das in Wirklichkeit natürlich variiert. Und natürlich wird die Raute in Erinnerung bleiben. Sie war am Anfang ja noch nicht da und wurde irgendwann gesellschaftlich entdeckt. Inzwischen ist sie ein regelrechtes Wahrzeichen von Frau Merkel.
Hat sich inhaltlich im Laufe der Zeit Ihr Blick auf sie verändert?
Zu Anfang ihrer Kanzlerschaft stand ich ihr sehr skeptisch gegenüber. In den letzten Jahren sehe ich sie aber positiver. Durch ihren Kurs in der Flüchtlingspolitik ist sie mir durchaus sympathischer geworden. Deshalb kann ich darüber auch schlecht herziehen, auch wenn ich vieles andere an ihrer Politik kritisch sehe.
Werden Sie Angela Merkel als Zeichner vermissen, wenn sie absehbar auch nicht mehr Bundeskanzlerin ist?
Ich werde sie auf jeden Fall vermissen. Das geht meinen Kollegen aber nicht anders, sondern es ist jedes Mal so, wenn eine Person, die so lange Zeit die Politik bestimmt hat, abtritt. Bei Kohl war es genauso, bei Schröder und Fischer auch. Als Karikaturist hat man sich an sie gewöhnt und kann mit ihnen spielen. Da ist es klar, dass man ihnen eine Zeit lang nachtrauert.
Und wer ist aus zeichnerischer Sicht Ihr Favorit für die Wahl zum CDU-Vorsitzenden?
Ich hoffe auf Jens Spahn. Aus dem lässt sich zeichnerisch am meisten machen. Herrn Merz habe ich früher schon häufiger gezeichnet, aber er ist nicht sehr praktisch. Frau Kramp-Karrenbauer dagegen lässt sich gut zeichnen – aber nicht als kleine Merkel, wie sie viele sehen. Dafür fehlt ihr das Barocke. Letztendlich werde ich mich aber natürlich an jeden gewöhnen.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.