Kultur

Kämpfer für einen Staat

von ohne Autor · 31. Juli 2007
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"Wir tun so, als wären wir eine Gesellschaft, in der Gleichheit vorherrscht", sagte Lauterbach zur Einführung. Dem sei jedoch nicht so. Seine eigenen Studien hätten ihn zu dem Ergebnis geführt, dass es in Deutschland einen Zweiklassenstaat gebe. "Der Unterschied zur Zweiklassengesellschaft besteht darin, dass der Staat die Nachteile einzelner nicht nur duldet, sondern sogar zementiert", sagte der SPD-Politiker. "Diejenigen, die in eine benachteiligte Situation hineingeboren werden, haben kaum eine Chance, dort wieder herauszukommen."

Ernüchterung allerorten

In seinem Buch stellt Karl Lauterbach anhand von drei Bereichen dar, wie die Gesellschaft immer mehr auseinanderdriftet. Als erstes betrachtet er den Bildungsbereich. "Das gesamte Bildungssystem ist ineffizient", machte Lauterbach vor den ver.di-Vertretern klar. Arbeiterkinder kämen häufig bereits mit Nachteilen gegenüber dem Nachwuchs von Akademikern in die Schule. "Dort bekommen sie dann noch eine schlechte Förderung", so Lauterbach. Das deutsche Bildungssystem sei auf keiner Stufe konkurrenzfähig. "Herkunft statt Begabung spielt die entscheidende Rolle."

Der zweite von Lauterbach analysierte Bereich ist das Gesundheitssystem. Auch hier kommt der SPD-Mann zu einem niederschmetternden Ergebnis. "Der Staat sorgt dafür, dass Privilegierte eine bessere Versorgung bekommen." In Deutschland werde zwar jeder schnell behandelt und die Wartezeiten seien kurz, doch lasse die Qualität häufig zu wünschen übrig. Abhängig sei diese vor allem von der Art der Versicherung. Lauterbach nannte dies eine "Zweiklassenmedizin", die vor allem deshalb überleben könne, weil alle so täten, als gebe es sie nicht. "Das ist Heuchelei" ereiferte sich der Mediziner.

düsterer Ausblick

Auch im Rentensystem macht Lauterbach eine Spaltung in der Gesellschaft aus. "In Deutschland besteht ein starker Zusammenhang zwischen dem Einkommen und der Lebenserwartung", sagte er zu den Gewerkschaftsmitgliedern. Einer von fünf Arbeitnehmern, die weniger als 1 500 Euro brutto monatlich verdienten, erreiche das Rentenalter nicht einmal. "Das System finanziert die Gewinne von wenigen Gutverdienern durch die Verluste von vielen Schlechtverdienern", zog Lauterbach seine ernüchternde Bilanz.

Und auch der Ausblick in die Zukunft, den Karl Lauterbach wagte, gibt wenig Grund zu Optimismus. "Bald werden wir eine Vierklassenmedizin haben, die vom Privat- bis hinunter zum AOK-Patienten reicht", sagte er. Durch die Gesundheits-, die Bildungs- und die Föderalismusreform sei der Zweiklassenstaat zementiert worden. Folgerichtig gab der SPD-Politiker seiner Partei die Aufgabe mit auf den Weg: "Wir müssen die Bekämpfung des 'Zweiklassenstaats' zum Wahlkampfthema machen."

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