Kultur

Kampf um den Buchmarkt der Zukunft

von Christian Rath · 20. August 2014
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Amazon und die Verlage streiten um die Verteilung der Erlöse bei elektronischen Büchern. Mißbraucht Amazon seine starke Position?

Elektronische Bücher sind der Markt der Zukunft. Solche E-Books, die auf speziellen Lesegeräten oder Tablet-Computern gelesen werden, haben in den USA schon einen Marktanteil von nahe 30 Prozent, in Deutschland immerhin um 10 Prozent. Wohl deshalb hat das Online-Kaufhaus Amazon jetzt einen harten Fight mit den Buch-Verlagen über die Konditionen für E-Books begonnen.

Dieser Kampf um die Konditionen wird derzeit vor allem in den USA, aber auch in Deutschland ausgetragen. Der Börsenverein des deutschen Buchhandels hat Ende Juni eine Beschwerde beim Bundeskartellamt eingelegt. Inzwischen rühren sich auch die Autoren. Mehr als 1300 deutsche Schriftsteller haben in den letzten Tagen einen wütenden Brief an Amazon unterzeichnet.

Gestritten wird um die Handelspanne für Amazon. Bisher bekommt Amazon von einem E-Book, das für 10 Euro verkauft wird, nach Abzug der Mehrwertsteuer 30 Prozent, dem Verlag bleiben 70 Prozent. Bei einem gedruckten Buch bekommt Amazon dagegen 40 bis 50 Prozent. So hätte man es gerne auch bei den E-Books - oder noch günstiger. Schließlich habe der Verlag auch weniger Kosten. Er muss das Buch nicht drucken, nicht lagern und nicht transportieren.

Amazon verzögert Lieferungen

Die Verlage rechnen anders. Die wegfallenden Druck- und Logistik-Kosten nutzen nicht dem Verlag, sondern den Autoren, da diese international bei E-Books höhere Honorare bekommen. Zudem gebe es noch Extra-Belastungen bei E-Books, weil hier in Deutschland die volle Mehrwertsteuer von 19 Prozent zu zahlen ist (statt 7 Prozent für gedruckte Bücher) und weil die Kunden erwarten, dass ein E-Book 15-20 Prozent günstiger ist als das gedruckte Exemplar. Dennoch sollen E-Books auch anteilig die Kosten für Übersetzer, Lektorat und Marketing decken. Deshalb müsse also die Handelsspanne für Vertriebsplattformen wie Amazon deutlich geringer sein als beim gedruckten Buch. Die Verlage sehen darin keine Härte für Amazon, weil dort ja auch an Logistik und Versandkosten gespart werden könne.

Amazon übt nun stellvertretend für die Branche Druck auf das schwedische Verlagshaus Bonnier aus. Es ist in Deutschland die drittgrößte Verlagsgruppe, zu der unter anderem Ullstein und Piper gehören. Amazon bestellt von alten Titeln weniger Exemplare als früher, weshalb diese oft nicht vorrätig sind, so dass Kunden länger warten müssen. Außerdem fehlen Bücher der Bonnier-Gruppe in den Empfehlungen ("Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch..."). Richtig schmerzhaft würden die Amazon-Lieferrestriktionen, wenn sie auf Neuheiten ausgedehnt werden, weil die Verlage vor allem damit Geld verdienen.

Missbraucht Amazon hier eine marktbeherrschende Stellung oder handelt es sich nur um ruppige Verhandlungen, wie es sie überall gibt? Amazon hat zwar im deutschen Online-Buch-Handel einen Marktanteil von rund 70 Prozent. Der Onlinehandel macht aber nur 16 Prozent des deutschen Buchhandels aus. Das Kartellamt wird deshalb wohl keine marktbeherrschende Stellung annehmen. Man muss seine Bücher nicht online kaufen.

Ruppige Verhandlungen oder Marktmissbrauch?

Schwierig ist die Argumentation des Börsenvereins auch, weil sie etwas ums Eck geht. Die starke Stellung im Online-Handel für gedruckte Bücher werde benutzt, um auf einem anderem Markt, nämlich dem für E-Books, Druck auszuüben. Dort hat Amazon mit 41 Prozent Marktanteil zwar auch eine starke Stellung, ist aber nicht so dominant. Zudem müsste das Kartellamt noch überzeugt werden, dass das von Amazon erstrebte Ziel, ein größerer Handelsrabatt bei E-Books, ein sachlich nicht gerechtfertigter Vorteil ist. Es ist schließlich nicht generell verboten, in Verhandlungen Druck auszuüben, zumal wenn man Verluste schreibt, wie Amazon.

Der Gang zum Bundeskartellamt war also eher eine Marketing-Maßnahme des Verlagsgewerbes, um die Öffentlichkeit auf die eigene Seite zu ziehen und Amazon ins moralische Unrecht zu setzen. Das war auch durchaus erfolgreich. Rechtlich erfolgversprechend ist die Beschwerde derzeit aber nicht. Dass das Kartellamt die Beschwerde des Börsenvereins erstmal liegen ließ, hat einen anderen Grund. Schon vor der Eingabe hat die EU-Kommission - wohl aufgrund von Medienberichten - sich des Problems angenommen und prüft, ob hier ein grenzüberschreitendes Problem für den Wettbewerb vorliegt. Damit ist das deutsche Kartellamt im Moment gar nicht zuständig.

Wahrscheinlich werden Amazon und die Verlage am Ende einen Kompromiss finden. Richtig gefährlich wird es für die Verlage aber, wenn Amazon künftig dazu übergeht, immer mehr eigene E-Books herauszubringen. Schon jetzt ködert der Händler Autoren mit günstigen Konditionen. Die Bewahrung der Verlagsvielfalt könnte dann eine Aufgabe für den Gesetzgeber werden.

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Christian Rath

ist rechtspolitischer Korrespondent.

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