Kultur

Ist Cybersex politisch?

von Sascha Vogt · 11. Oktober 2012

Banalitäten statt Aufreger im Erstling der Piratin Julia Schramm

Umsonst soll es nicht zu haben sein – soviel vorweg. Während die Piraten-Politikerin Julia Schramm „geistiges Eigentum“ als politischen Kampfbegriff bezeichnet, beruft sich ihr Verlag genau darauf und sorgt dafür, dass ihr Buch „Klick mich“ im Internet nicht kostenlos heruntergeladen werden kann.

Man könnte nun bei diesem Widerspruch stehen bleiben und an der Aufrichtigkeit ihrer Zeilen zweifeln – und damit selbst zum Piraten werden, die sich gerne an Formalien und Verfahren reiben. Wie sieht sie also aus, die inhaltliche Seite? Ist sie überhaupt politisch?

Ist es – abseits eines unterstellten voyeuristischen Interesses – für den Leser wirklich relevant, dass Schramm schon mal Cybersex hatte? Wohl kaum, denn für sich genommen ist das Privatleben der 27-jährigen selbst ernannten Feministin von keiner besonderen Bedeutung. Allerdings ist Schramm derzeit stellvertretende Bundesvorsitzende der Piratenpartei. Doch auch mit diesem Wissen sind die politischen Aussagen, die in solch persönliche Episoden eingebettet sind, eher banal: Man muss aufpassen, was man online über sich selbst veröffentlicht. Ach nein! Man wird nicht automatisch zum Kettensägenmörder, nur weil man Gewalt im Netz gesehen hat. Wirklich? Es ist nicht verboten, sich eine digitale Identität zu geben und damit anonym zu surfen. Zum Glück!

Erst weit hinten in ihrem Erstlingswerk kommt dann doch noch etwas Erkenntnis ins Spiel: Macker sind auch im Internet Macker und das Netz hat nicht automatisch für mehr Gleichstellung gesorgt. In der Tat: Auch mit einem neuen Medium sind grundsätzliche gesellschaftliche Konfliktlinien noch nicht aufgelöst. Vielleicht mag sie, vielleicht mögen die Piraten an solchen Fragen ansetzen. Das Buch tut es nicht. Deshalb kann man getrost warten, bis es doch zum Gratis-Download wird.


Julia Schramm diskutierrt mit Sascha Vogt auf der Frankfurter Buchmesse am vorwärts-Stand | Halle 3.0  B173

Am 11.10.2012 um 15.30 Uhr

Klick mich. Bekenntnisse einer Internet-Exhibitionistin

Diskussion mit Julia Schramm und Sascha Vogt

Moderation: Carl-Friedrich Höck

Julia Schramm: Klick mich
Bekenntnisse einer Internet-Exhibitionistin
Knaus, 208 Seiten, 19,99 Euro
ISBN 978-3-8135-0494-1

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Autor*in
Sascha Vogt
Sascha Vogt

Sascha Vogt, Jahrgang 1980, ist Mitglied des SPD-Parteivorstands. Von 2010 bis 2013 war er Bundesvorsitzender der Jusos.

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