Ein neues Buch über Regine
Hildebrandt? Wissen wir nicht
längst alles über sie? Ist sie nicht eine der bekanntesten und
anerkanntesten Frauen der Republik? Eine Frau,
in deren Namen jedes Jahr ein Preis für soziales Engagement
verliehen wird. Eine Frau, nach der Schulen, soziale Einrichtungen, Straßen und sogar Blumen
benannt sind.
Gemach, Gemach. Ich kenne Regine Hildebrandt aus ihrem politischen
Jahrzehnt. Viel Gemeinsames gab es, aber auch manchen Disput.
Aber vor diesem Politikerinnen-
Leben gab es 50 Jahre
ganz anderes Leben, das ich nur bruchstückhaft kenne.
Anderen wird es ähnlich gehen.
Sehr hildebrandtsche 50 Jahre - das macht dieses Buch deutlich.
Und es macht es damit einmalig und wichtig, denn Hans-Dieter Schütt
hat sich Zeit genommen zu vielen Gesprächen und Recherchen,
um Regine Hildebrandt nahe zu kommen und nahe zu sein.
Sie gewinnt in diesem Text Farbe und Plastizität durch Wertungen und
Interpretationen, denen man meist voll und von ganzem Herzen zustimmt,
die man aber durchaus nicht immer teilen muss. So z. B., wenn
der Autor die Auffassung vertritt, sie habe in ihrem Drang,
authentisch zu sein, zu allen Steigerungsformen von
Inszenierung gegriffen. Meines Erachtens aber hat sie sich
nicht inszeniert, sondern Dritte haben wohl ein solches Maß
an Authentizität nur für möglich gehalten, wenn es inszeniert wurde.
Diese Inszenierungen durch Dritte gingen ja weiter:
Mutter Courage des Ostens, Mutter Theresa, Ikone des Ostens
- all diese Namen deuten auf zwei Neigungen hin:
zum Klischee und zur Vereinfachung.
Der Text zeigt im Gegensatz dazu einen höchst
komplexen, differenzierten Menschen.
Die Beinamen weisen auf ein Bedürfnis nach Heroisierung hin.
Das entspricht vielleicht einer menschlichen Neigung, aber absolut
nicht dem Bild, das Regine Hildebrandt von sich selbst hatte:
Sie hielt sich für einen ganz normale Menschen.
Das war sie auch, sogar ein außergewöhnlich normaler Mensch.
Noch ein liebgewordenes Klischee wird angegriffen, ihre Maßlosigkeit.
Ich habe gelegentlich gehört, Regine Hildebrandt sei unrealistisch
in ihren Zielen, sie wolle zu viel und das sofort.
Das war nie mein Eindruck und dieser Text bestätigt ihn:
"Ich vertraue der Kraft des Relativen
- das aber absolut und das schon immer."
Von Günter Baaske
Günter Baaske ist Vorsitzender der
SPD-Fraktion im Landtag Brandenburg
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