In die Londoner Celtic-Bank ist eingebrochen worden. Der Polizei gelingt es nicht den brutal vorgehenden Bankräubern auf die Spur zu kommen. Ermittler Varney bittet deshalb den Detektiv
Oakins um Hilfe. Dieser will seine Zeit jedoch lieber der Fußball-Weltmeisterschaft widmen. Er erklärt, er berate die deutsche Mannschaft in Sicherheitsfragen und habe erst nach Ende der WM wieder
Zeit.
Im Disput zwischen Varney und Oakins tauchen bekannte Namen auf: Eusebio, Uwe Seeler, Beckenbauer, Jaschin. Das Sportgeschehen ist die Kulisse, vor der der Krimnalfall in Szene gesetzt wird.
Es bereichert diesen um manche dramatische Wendung. Nach dem aus Detektivromanen bekannten Muster lässt sich Oakins zum Schluss natürlich doch dazu herab in den Fall einzugreifen. Durch
berufsbedingte allzu große Neugier gerät er dabei selbst in Gefahr.
Mit kriminellen Machenschaften am Rande oder im Zentrum internationalen Fußballs befasst sich Erich Loests Buch, das in der DDR schon einmal erschien, nicht. Damals war als Verfasser übrigens
Hans Walldorf angegeben.
Unter diesem Pseudonym verfasste der 1964 in der DDR aus politischer Haft entlassene Erich Loest Krimis. Er konnte so Auflagenbeschränkungen umgehen. Seine Krimis waren stets Lesevergnügen
pur. Sie hatten nichts von der deutschen Kriminalromanen oft anhängenden Schwerlastigkeit.
Die Ortskenntnisse für "Der Mörder saß im Wembley-Stadion" las Loest sich gezwungenermaßen an - wie einst Karl May. Seine Leser stießen sich nicht an Unstimmigkeiten in der Schilderung, denn
sie hatten so wenig wie er die Möglichkeit zu überprüfen.
In den 70er Jahren beendete Erich Loest seine aktive Zeit als Krimi-Autor Hans Walldorf. Er wandte sich wieder seiner selbst erlebten Gegenwart zu. Nach erneuten Zusammenstößen mit der
Staatsmacht siedelte der Autor 1981 in die Bundesrepublik über. Nun konnte er auch selbst das Wembley-Stadion kennen lernen. Historiker werden dessen Umgebung nach dem vorliegenden Kriminalroman
nicht zu rekonstruieren vermögen, aber die Wiederbegegnung mit berühmten Namen des Fußballs im Umfeld eines spannenden, unterhaltsam zu lesenden Buches vermag heute noch Vergnügen zu bereiten.
Das Pseudonym "Hans Walldorf" hat ausgedient. Es ist selbst zur Historie geworden, zu einer mehr spielerischen Fassette im Schaffen des Autors Erich Loest, dessen Rolle für die deutsche
Gegenwart anlässlich seines 80. Geburtstags in diesem Jahr mehrfach gewürdigt wurde.
Dorle Gelbhaar
Erich Loest: Der Mörder saß im Wembley-Stadion, Kriminalroman, Steidl Verlag Göttingen 2006, 200 Seiten, 10,00 Euro, ISBN 3-86521-250-6
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