Kultur

Gute Unternehmer oder das Erfolgskonzept Familienunternehmen

von Die Redaktion · 29. November 2006

Die weißen Raben

Das Grundprinzip des Familienunternehmens nennt Wiedeking als Erfolgskonzept. Im Kapitel "Die weißen Raben oder: Es gibt sie noch die guten Unternehmer". Hebt er die traditionsträchtigen Familienunternehmen Stihl Sägen und Schrauben Würth als Beispiele hervor. Auch bei Porsche sieht er die Familie Porsche als einen der wichtigsten Stabilitätsgaranten, die es einem Unternehmen ermöglichen, jenseits des Quartaler-gebnisses zu planen. Bedingt sei durch eine emotionale Bindung an das Unternehmen. Da wird dann zum Zweck der Zukunftssicherung auch einmal auf Dividenden verzichtet, so dass die Finanzierung über Fremdkapital zumeist nicht nötig ist. Ferry Porsche 1988: "Ich habe meinen Familiennamen doch nicht hergegeben, um das Unternehmen meistbietend abzustoßen und Kasse zu machen. Diese Philosophie mag für die Amerikaner gelten, nicht für uns."

Für Wiedeking stehen Kunde, Mitarbeiter und Produkt im Mittelpunkt. "Erst wenn diese drei Elemente funktionieren dann hat auch der Aktionär etwas davon." Einem Familienunternehmer, der in seiner Heimatregion verwurzelt ist, sei auch klar, dass es sich nicht lohnt reich zu sein, ohne öffentliche Anerkennung zu erhalten. Daraus ergebe sich fast natürlich die Verantwortung des Unternehmers mit erwirtschafteten Gewinnen in seiner Umwelt positiv zu wirken. Wiedekings Kritik an den Geschäftspraktiken anonymer deutscher Großunternehmen wird in solchen Aussagen sehr deutlich.



Werte als Wegweiser

"Geld ist das einzige, was zählt, dass ist nicht mehr normal. Es wird einmal kassiert und wenn es nicht investiert wird, bleibt die Wirkung gleich null", schreibt Wiedeking im Kapitel "Werte als Wegweisern oder: woran Man(ager) sich halten muss". Er kritisiert überhöhte Managergehälter bei gleichzeitigem Arbeitsplatzabbau. Echter Liberalismus stelle sich ausdrücklich in den Dienst der Gesellschaft (siehe Adam Smith), so Wiedeking. Für ihn ist klar, dass der Mensch Maßstab politischen und wirtschaftlichen Handelns sein muss. "Man muss nicht brennende Vorstädte abwarten, um endlich zu erkennen, dass erfolgreiches Wirtschaften eine gedeihliche Gesellschaft benötigt."

Bei seinem Appell zur Rückbesinnung auf alte Werte wie Ehrlichkeit, Fairness, Verantwortung, Pflichtgefühl oder Gerechtigkeit schießt Wiedeking wohl etwas übers Ziel hinaus. Aber nicht weit, denn er nutzt diese, um klar zu machen, dass Werbeslogans wie "Geiz ist geil" schlimmste Folgen für die gesellschaftliche Substanz haben. "Geiz ist geil heißt nichts anderes als billig ist gut und billig zerstört die gesellschaftliche Anerkennung für Arbeit." Selten hat man in den letzten Jahren so klare Worte von einem Manager gehört.

Ruf nach Politik

Dem Kapitel "Der Ruf nach der Politik oder: Wir brauchen mehr Mut". ist anzumerken, dass Wiedeking sich auf dem Feld nicht wirklich in seinem Element fühlt. Doch auch hier sind Überraschungen zu finden, wie der Aufruf Subventionen radikal zusammenzustreichen, nicht nur für den deutschen Steinkohlebergbau, sondern auch für die hochprofitable Automobilindustrie. Wiedekings Einschätzung der politischen Konsequenzen solche Maßnahmen mangelt es im Vergleich zu den Kapiteln zu wirtschaftlichen Themen an Treffsicherheit. Auch wenn er akzeptiert, dass ein Staat kein Unternehmen ist, vermittelt in diesem Kapitel doch manchmal den Eindruck, dass er Deutschland gerne wie ein solches führen würde.

Das Beispiel Porsche

Im folgenden Kapitel "Das Beispiel Porsche oder: Dem Geschickten gehört die Zukunft" tritt die wirtschaftliche und Führungskompetenz Wiedekings wieder klar zu Tage. Das wird an seiner Erklärung der Mehrheitsbeteiligung Porsches an VW deutlich: "Wir haben mit unserer Beteiligung etwas anderes vor als Finanzinvestoren. Wir verstehen etwas zum Automobilgeschäft und wir wissen, wie man Effizienz in dieses Geschäft bringt. Wir wollen dazu beitragen, dass Volkswagen unabhängig bleibt und sich im harten Konkurrenzkampf weltweit behauptet, wir wollen, dass die Kooperation zwischen uns gegenseitigen Nutzen bringt und unsre Beteiligung eine ordentliche Rendite abwirft." Hier hat Wiedeking das internationale Großkapital und Banken auf dem Kicker: "(…) denn ich bin kein Bankenfreund. Für mich sind das Regenschirmverteiler, und sobald es anfängt zu regnen, verlangen Sie den verliehenen Regenschirm zurück." Die Schilderung der internen Umstrukturierungen von Porsche ist ebenso interessant wie lesenswert und sollte zur Standardlektüre für jeden deutschen Manager werden.

Wiedekings Buch ist an ein breites Publikum gerichtet, vorzugsweise allerdings an die Wirtschaft und bedingt auch an die politischen Eliten. Wenn nicht sogar ein Erfolgsrezept, so werden vor allem seine Managerkollegen hier eine Leitlinie für Unternehmergeist und auch die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft finden. Die Erkenntnis, dass Gewinn notwendig und keinesfalls verwerflich, aber auch nur in der Gesellschaft möglich ist, versteht Wiedeking als elementaren Bestandteil des Erfolges von Porsche. Damit versteht er das Grundgesetz, nach dem Eigentum verpflichtet, richtig und sieht diese Maxime als Verpflichtung mit beiderseitigem Nutzen für Arbeit und Kapital. Dieses Buch ist eine ausgesprochen positive Überraschung, weil man so etwas schon lange nicht mehr in derartiger Klarheit in Deutschland gehört hat und von Unternehmerseite schon fast nicht mehr erwartet hätte.

Thomas Hoerber

Wendelin Wiedeking: Anders ist Besser - Ein Versuch über neue Wege in Wirtschaft und Politik, Piper, München 2006, 236 Seiten, 19,90 Euro, ISBN 3-492-04949-4,

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