Seine friedlichen Jugendjahre auf dem Land in der Brandenburger Mark lässt er in "Meine Brandenburger Jugend" Revue passieren. Sie sind geprägt vom bitteren Geschmack der Tatsache, in der DDR gefangen zu sein, dem Durchleben der Hippie-Szene und dem Wunsch nach dem "freien"Amerika.

Er berichtet über seinen NVA-Wehrdienst an der innerdeutschen Grenze . Sein anfänglicher geistiger Widerstand wird in vier Monaten Grundausbildung schnell gebrochen. Schikanen und Demütigungen von Seiten der Unteroffiziere beherrschen den Alltag. Auch die Stimmung in der Gruppe verschlechtert sich zunehmend. Viele verrohen, bilden ein großes Aggressionspotential. Dietmar Schultke fühlt sich unwohl. Er will kein Sklave der SED sein. Er fühlt, wie er beschreibt, die "Isolation inmitten der Masse". Nach 18 Monaten ist sein Leiden im Grenzdienst beendet. Er beschließt sich künftig mit Menschen zu befassen, und ihnen helfen zu wollen.

Nach dem kurz darauf erfolgten Mauerfall wird er erneut mit Werten und Lebensweisen der alten DDR konfrontiert. Als Jugendpfleger im Amt unterliegt er Kontrolle und Korruption. Schließlich wird ihm sein Privatleben zum Verhängnis. Er schreibt eine ironische Wandereinladung an das junge Mädchen Lara. Die Geschichte entwickelt sich zum Skandal. Laras Eltern und das Stadtamt fassen den ironisch gemeinten Brief als jugendfeindlich auf und bringen Dietmar Schultke vor Gericht. Scheinbar von den meisten allein gelassen, unterliegt er der pervertierten Moral der Mächtigen, deren Wertungen von Tabus bestimmt sind.

Als Heimbetreuer gerät er später in eine ähnliche Situation. Die dort untergebrachten Jugendlichen unterliegen menschenverachtenden Regeln, deren Durchsetzung sich der Protagonist nur zeitweise zu fügen vermag. Verbesserungsvorschläge an den Verhältnissen sind unerwünscht und treffen auf Widerspruch.

Spätestens am Ende des Buches führt der Titel "Meine Brandenburger Jugend" zur Verwirrung, denn über seine Jugend spricht Schultke nur auf 37 der 155 Seiten. Ansonsten geht es um den Brief an die junge Lara. Der Leser gewinnt den Eindruck, Schultkes Werk ziele auf eine ausführliche Rechtfertigung ab. immer wieder beteuert er seine Unschuld, von der er den Leser zu überzeugen versucht. Gleichwohl wehrt er sich gegen die überzogenen Härte der Beamten und setzt sich für künstlerische Freiheit ein.

Dietmar Schultke: Meine Brandenburger Jugend, Verlag Dr. Köster Berlin, April 2006, 160 Seiten, ISBN: 3-89574-588-X.

Zeitzeugen zur Grenze, die uns teilte

In seinem Werk "Die Grenze, die uns teilte" lässt Dietmar Schultke Zeitzeugen zu Wort kommen - Menschen, die an der innerdeutschen Grenze lebten und dort arbeiteten. Er erzählt auch über sich, von seiner Zeit als zwangsrekrutierter Grenzsoldat 1987. Leider reiht er die Lebensläufe und Geschichten lediglich aneinander. Es spricht zwar jeder und jede für sich, doch fehlt der Gesamtzusammenhang, jedenfalls für Leser, die diese Zeit nicht selbst erlebt haben. Den Prolog hätte man sich emotionaler gewünscht. Mit Zahlen führt Schultke in die Thematik der deutschen Teilung ein, die letztlichaber auch überzeugen. Ganz offensichtlich ging es Schultke im Grenzbuch weniger um große Emotionen. In differenzierter Sachlichkeit schildert er die zahlreichen moralischen Konflikte, in die viele Deutsche mit der Grenze gerieten, egal ob Grenzoffizier, Flüchtling, Bürgermeister, Arzt, Schauspieler, Schriftsteller oder Pastor.

Dietmar Schultke: Die Grenze, die uns teilte. Zeitzeugenberichte zur

innerdeutschen Grenze. Verlag Dr. Köster Berlin, September 2005, 256 Seiten,

14,80 Euro, ISBN: 3-89574-565-0

Dagmar Lappe

0 Kommentare
Noch keine Kommentare