Kultur

„The Great Green Wall“: Mit Bäumen und Liedern gegen den Klimawandel

Ein grünes Band aus fruchtbaren und bewaldeten Landstrichen soll der Sahelzone Wohlstand und Sicherheit bringen. Um die „Great Green Wall“ voranzutreiben, machte sich Inna Modja aus Mali auf die Reise. Der Dokumentarfilm begleitet sie dabei.
von ohne Autor · 19. März 2021
Eine Reise durch Afrika: Auf ihrem 8000-Kilometer-Trip ist Inna Modja der Hoffnung auf der Spur.
Eine Reise durch Afrika: Auf ihrem 8000-Kilometer-Trip ist Inna Modja der Hoffnung auf der Spur.

Am Ende ihres gut 8.000 Kilometer langen Trips steht Inna Modja mit einem Bauern irgendwo im äthiopischen Hochland. Grün, so weit das Auge reicht. Mitte der 1980er-Jahre, als Dürre und Hunger das Land im Griff hatten, wuchs hier fast nichts. Durch das Zusammenwirken dieses Bauern und seiner Partner*innen wurde es möglich, dass in dieser heute so idyllisch anmutenden Gegend wieder Leben möglich wurde und die Menschen ihr Auskommen haben. Es wirkt wie ein Wunder.

Ohne ein Wunder wird die Grüne Mauer zwischen dem Senegal im Westen und Dschibuti im Osten wohl ein Traum bleiben. Vor etwa 40 Jahren wurde die Vision von Thomas Sankara („Wir müssen den Mut haben, die Zukunft zu erfinden“), ehedem Revolutionär und Präsident von Burkina Faso, und anderen afrikanischen Politiker*innen entworfen und 2005 von der Afrikanischen Union beschlossen. Von dem Mosaik aus fruchtbaren Inseln, die die Ausbreitung der Wüste und die Abwanderung von Millionen Menschen verhindern sollen, sind bis dato gerade einmal gut 15 Prozent realisiert.

Visionäre Kraft des Öko-Projekts

Und doch kann man sich der visionären Kraft dieses Vorhabens schwer entziehen, zumal vor dem Hintergrund der Krisen und Konflikte in der Region. Die Sängerin Inna Modja ließ sich davon zu einem neuen Album inspirieren, dessen Erlöse in das Mammutprojekt fließen sollen. Für den Film sprach sie mit Menschen, deren Tun eng mit dem Grüngürtel verbunden ist. Da wäre etwa der Mann, der mit dabei war, als 2008 die ersten Bäume im Senegal gepflanzt wurden. Von ihnen spricht er vor der Kamera als von seinen „Kindern“.

Es ist ein Lichtblick: In dem westafrikanischen Land sind auf einer Länge von 150 Kilometern und einer Fläche von 40 000 Hektar zwölf Millionen Bäume gepflanzt worden. Es ist eines von vielen Beispielen dafür, wie die Grüne Mauer jungen Menschen eine Zukunft vor Ort ermöglichen soll.

Modja begegnet aber auch Afrikaner*innen, die wegen Wassermangels oder Gewalt ihre Heimat verloren haben. Erschütternd sind die Erzählungen junger Mädchen aus dem Norden Nigerias. Einst wurden sie von der islamistischen Terrormiliz Boko Haram verschleppt. Heute unterstützen sie von ihrem Waisenhaus aus die Grüne Mauer. Nicht nur für die traumatisierten Kinder ist sie vor allem ein Friedensprojekt. Der Film gibt ihnen und anderen Gesprächspartner*innen breiten Raum, wenngleich Inna Modja stets präsent ist – stets voller Empathie und mitunter tief bewegt, aber auch immer auf der Suche nach interessanten Fakten und Details.

Musikalischer Bewusstseinsstrom

„The Great Green Wall“, der im Herbst in den Kinos lief und ab Ende März fürs Heimkino zu haben ist, ist aber auch ein Musikfilm. Wir können verfolgen, wie Songideen unterwegs Formen annehmen. Etwa, wenn die Protagonistin mit anderen Musikern jammt oder Konzerte gibt. In dieser atmosphärisch dichten und engagierten Erzählung, die wegen ihrer epischen Bildsprache häufig eher an einen Blockbuster erinnert, anstatt einer klassischen dokumentarischen Ästhetik zu folgen, wird der musikalische Bewusstseinsstrom mit den Eindrücken entlang der Route verknüpft. Und zwar mitunter so sehr, dass man beide Sphären kaum voneinander trennen kann.

Die Produktion des Films wurde von den Vereinten Nationen unterstützt. Das dürfte die aufwendige Optik mit all den Luftbildern erklären. Das hat mitunter zur Folge, dass eine(n) nicht die Inhalte, sondern auch die Bilder überwältigen, wobei man sich manches weniger hochglanzmäßig gewünscht hätte. Dazu passt, dass man Inna Modja und Co bei Konzerten zwar musizieren sieht, die Musik für das Filmpublikum aber aus der Konserve kommt. Dabei wär es umso spannender gewesen, den klanglichen Eindruck vor Ort nachvollziehen zu können.

Die Dinge zum Guten wenden

Klimawandel, Flucht, Ökologie, Terror und viel mehr: Man könnte „The Great Green Wall“ vorwerfen, zu viele Themen zu streifen. Andererseits fügt sich jede Episode in eine stimmige Gesamterzählung. Und die entlässt einen mit der Gewissheit, wie sehr der Klimawandel Millionen von Menschen bedroht. Und dass wir es dennoch in der Hand haben, Dinge zum Guten zu wenden.

„The Great Green Wall“ (Großbritannien 2019), Regie: Jared P. Scott, mit Inna Modja, Songhoy Blues, Didier Awadi u.a., 90 Minuten, OmU FSK ab sechs Jahre

Ab 26. März auf DVD und digital verfügbar.

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