Berndt Georg Thamm untersucht fundiert das globale islamistische "Netzwerk". Historische "Wurzeln des Hasses" entdeckt er in der Epoche der Kreuzzüge und westlicher Kolonialherrschaft.
Seinerzeit habe die islamische Welt schwere Traumata erlitten. Die Politik Israels und Bushs Irakkrieg verletzten die Gefühle der Muslime wie neue Kreuzzüge.
Dennoch reagiere Osama bin Laden nicht nur gegen westliche Attacken. Seit jeher fordere der Koran, "Ungläubige" zu bekämpfen. Muslime hätten "auszuwandern auf dem Weg Allahs" und die neue
Religion auch gewaltsam zu verbreiten. Mohammed war gleichzeitig Staatsoberhaupt, Prophet und Feldherr.
Osama bin Laden wolle Atombomben für Muslime bauen. Gotteskrieger, so der al-Qaida-Chef, benötigten jede Waffe, "um die Feinde Allahs zu terrorisieren".
Etwas knapp analysiert Thamm die Unterschiede der islamischen und europäischen Kultur. Letztere kennzeichne die prinzipielle Trennung von weltlicher und geistlicher Macht. Daher tauge das
westliche Demokratiemodell nicht für den Irak, wo der Islam Staatsreligion sei. Thamm hätte hinzufügen können, dass jede monotheistische Offenbarungsreligion dazu neigt, eigene Maßstäbe absolut zu
setzen. In Europa gerann das Christentum zur Privatsache. Jedoch verneint Thamm die Frage, ob die Chance bestehe, dass auch der Islam die politische Bühne räumt.
"Dschihad" bedeutet heiliger Krieg. Mohammeds grüne Fahne will die 1988 gegründete al-Qaida überall wehen lassen. Bin Laden kämpfe für die "Errichtung eines weltweiten islamischen
Gottesstaates". "Islam" heißt dem Wortsinn nach "Unterwerfung".
Die al-Qaida mobilisiere bis zu 70.000 teils aktive, teils "schlafende" Kämpfer. 60 Länder stellen ihre Operationsbasis dar. Schwierig sei es, die militante Truppe zu kontrollieren, weil sie
dezentral als Verbund "autonomer Zellen" existiere. Obwohl die USA bin Laden schon jahrelang suchen und ein "Kopfgeld" von 25 Millionen Dollar ausgesetzt haben, sei er "spurlos verschwunden".
Dabei repräsentiere bin Laden nur die Spitze des Eisbergs. Auch ohne ihn wäre die Situation dramatisch, sofern man andere islamistische Gruppen betrachte. Der "Karawane des Terrors" folgen
muslimische Organisationen asiatischer Länder, darunter Indonesien und zentralasiatische Staaten. Sogar China wähnt Thamm vom Dschihad gefährdet.
Klopft "Eurabien" an die Tür? Islamische "Parallelwelten" kennt auch Europa. Derzeit leben hier etwa 15 Millionen Muslime, davon sechs Millionen in Frankreich und 3,2 Millionen in
Deutschland. Frankreich beherberge 1685 Moscheen, und 1200 Imame predigen die Worte Allahs. Granada, vor Jahrhunderten ein Stützpunkt des spanischen Kalifats, gelte als "islamische Hauptstadt
Europas". Großbritannien und die Niederlande befänden sich im "Kriegszustand" mit al-Qaida. Netzwerke der Mudschaheddin, Parallelwelten und "Ghettos" verortet Thamm auch in Deutschland. Die
Koranschulen hält der Autor für "Kaderschmieden des Hasses". "Dort werden oft die Werte der westlichen Gesellschaft nicht anerkannt, Werte wie Toleranz, Meinungs- und Glaubensfreiheit". Stattdessen
propagiere man "Ausgrenzung, Unterdrückung der Frau und Hass gegen Ungläubige".
Dieses informative Buch behandelt ein heikles Problem, allerdings ohne Lösungsvorschläge zu diskutieren.
Rolf Helfert
Berndt Georg Thamm, AL-QAIDA. Das Netzwerk des Terrors, Verlag: Diederichs, München 2005, 246 Seiten, 19, 95 Euro, ISBN 3-7205-2636-4.
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