„Gleichberechtigung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“
Alles begann Anfang 2013. Da hatte Anne Wizorek den alltäglichen Sexismus nicht nur satt, sondern stellte auch fest, dass viele Frauen im Internet über ihre Erfahrungen mit Sexismus berichteten. Sie wollte sie zusammenbringen und rief den Hashtag #aufschrei ins Leben. Mit diesem Schlagwort sorgte sie dafür, dass künftig alle Beiträge des Nachrichtendienstes Twitter unter diesem Schlagwort gesammelt werden. Ein gigantischer Schneeballeffekt setzte ein – mehr und mehr Frauen schrieben über ihre Erfahrungen und erzeugten damit eine neue Aufmerksamkeit für das Thema Sexismus.
Die gläserne Decke ist immer noch da
Malu Dreyer erzählt, wie sie vor vielen Jahren in Frauentreffs und auf Demonstrationen über Sexismus sprach. Sie freut sich über die neuen Möglichkeiten des Internets und über den neuen Feminismus, den sie ausmacht. „Traurig nur, dass so viele alte Themen noch aktuell sind“, sagt Dreyer. Und doch ist sie zuversichtlich: Endlich sei das Gerede davon, dass in Sachen Gleichstellung alles erreicht sei vorüber. „Aber die gläserne Decke ist immer noch da.“ Frauen seien so gut ausgebildet wie nie zuvor und doch schafften es nur wenige nach oben.
Eine Erfahrung die Wizorek kennt. Deshalb die Forderung der beiden nach der gesetzlichen Frauenquote. „Die Politik kann viel erreichen, aber nicht alles“, sagt Dreyer. Die Quote werde dafür sorgen, dass auf vielen Positionen, an denen heute Männer sind, künftig Frauen sitzen werden. „Männer müssen sich zur Gleichstellung bekennen“, sagt Dreyer, sie müssten sie mittragen. Wizorek formuliert es so: „Gleichberechtigung ist keine Frauenaufgabe, es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“
Anne Wizorek: „Weil ein #Aufschrei nicht reicht. Für einen Feminismus von heute“ Fischer Verlag, 14,99 Euro, ISBN 978-3-596-03066-8
Goetz Schleser
ist Redakteurin, die für den „vorwärts“ über Kultur berichtet.