Kultur

Gewonnene Jahre

von Edda Neumann · 30. März 2009
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Im Durchschnitt können Menschen in den modernen Industrienationen nach der Berufslaufbahn ihr Leben noch 20 bis 30 Jahre bei hoher geistiger und körperlicher Leistungsfähigkeit gestalten. Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels gewinnt Weiterbildung im Alter so einen neuen Stellenwert. Doch was bedeutet das für die Menschen in der nachberuflichen Phase? Und welche Verantwortung trägt die Politik?

Lebenslanges Lernen

Die SPD hat bereits auf ihrem Hamburger Parteitag 2007 in ihrem Grundsatzprogramm die Weiterbildung für Ältere und die Förderung gemeinsamen Lernens der Generationen festgeschrieben. Damit setzt sie einen klaren Akzent auf ein lebensbegleitendes Lernen als wichtige Konstante. Dennoch ist das Thema Bildung im Alter bislang nicht genügend zum Gegenstand der öffentlichen Debatte geworden. So ist es längst überfällig, dass insbesondere die Voraussetzungen, Möglichkeiten und Konzepte der Seniorenbildung in den Medien, der Wissenschaft, in der Wirtschaft und in den Parteien diskutiert werden.

Das in Schul- und Berufsausbildung erworbene Wissen und die Fähigkeiten reichen schon lange nicht mehr für ein ganzes Leben aus. Die Schnelllebigkeit des Wissens erfordert stetige Weiterbildung für jeden, der an der Wissensgesellschaft teilhaben will. Wechselnde Umwelt- und Arbeitsbedingungen sowie die sich im Wandel befindende Gesellschaft bilden darüber hinaus neue Formen des Lernens heraus: das informelle Lernen z.B. Der Lernprozess findet hier auch außerhalb der öffentlichen Bildungseinrichtungen, in den ganz normalen Lebenszusammenhängen statt. Lebenslanges Lernen umfasst alle Altersgruppen und alle Generationen.

Lernen im Alter

Ein Seniorenstudium an der Universität, ein Kurs an der Volkshochschule oder eine ehrenamtliche Tätigkeit werden bei älteren Menschen immer attraktiver. Lernen ist ein wichtiger Bestandteil des Lebens, der keineswegs mit dem 65. oder 67. Lebensjahr endet. Bildung im Alter bedeutet gesellschaftliche Teilhabe, Austausch mit der jüngeren Generation und Steigerung der Lebensqualität. Auch die älteren Generationen haben schließlich Anspruch auf gleichberechtigte Einbindung in das gesellschaftliche Leben. Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dr. Ernst Dieter Rossmann, erklärte deshalb die Bildung in der nachberuflichen Phase zum Zukunftsprojekt. Der Bildungsanspruch Älterer müsse zum bundespolitischen Thema werden.

Herausforderungen

Die stellvertretende seniorenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Angelika Graf, wies auf Probleme hin. Nicht alle Senioren nutzten die Möglichkeiten zur Weiterbildung. Dies beträfe insbesondere ältere Menschen mit Migrationshintergrund oder aus sozial schwächeren Schichten. Sie mahnte deshalb eine wesentliche Verbesserung des Bildungssystems insgesamt an. Denn das Bildungsverhalten in jungen Jahren habe Einfluss auf die Bildungsfähigkeit im Alter. Außerdem sei zu beachten, dass die Senioren keine homogene Gruppe, sondern Individuen mit völlig unterschiedlichen Interessen und Veranlagungen seien. Das mache ein vielfältiges Bildungsangebot unerlässlich.

Und damit wachsen die Herausforderungen: Bildungsangebote müssen für alle älteren Menschen zugänglich und finanzierbar sein, unabhängig von der sozialen oder ethnischen Herkunft. Doch noch immer scheuen sich z. B. viele Hochschulen davor, ihre Bildungsangebote altersgerecht auszurichten. Grund hierfür ist, dass sie schon mit den Erststudierenden überfordert sind: überfüllte Hörsäle, Mangel an Lehrkräften und schlechte Allgemeinausstattung. Deshalb wird von der Politik dringend gefordert, die Bildungseinrichtungen finanziell besser auszustatten. Erst dann können mehr, bessere und individuell zugeschnittene Bildungsangebote für Senioren gemacht werden.

Edda Neumann

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