Gewalt gegen Frauen: „Eine von Dreien“
„Mehr als eine von drei Frauen weltweit werden in ihrem Leben geschlagen, zum Sex gezwungen oder anderweitig missbraucht. Wie würden Sie reagieren, wenn man Ihnen sagt, dass der unsicherste Platz das eigene Zuhause ist?“ Das schreibt die Kunstkuratorin des World Bank Art Project Marina Galvani. Sie hat die bewegende Wanderausstellung zum Thema „Gewalt gegen Frauen“ konzipiert, die seit 2014 unterwegs ist. Teile dieser Ausstellung, vor allem Fotografien, sind jetzt im Bonner Frauenmuseum zu sehen.
Die Künstlerinnen kommen aus der ganzen Welt, von Estland bis Papua Neuguinea. Ihre Bilder graben sich in das Gedächtnis ein. Da ist zum Beispiel eine Fotoserie „Mutter, Tochter, Puppe“ aus dem Jemen. Auf dem ersten Bild sieht man ein fröhliches Trio: Die Mutter lächelnd, westlich gekleidet, die kleine Tochter mit dunklen Locken, ohne Kopftuch, ihre Kleidung so bunt und fröhlich wie die ihrer Puppe. Dann wird es von Bild zu Bild dunkler, bis auf dem letzten Foto alle drei praktisch verschwunden sind, ganz in Schwarz gehüllt, voll verschleiert, unsichtbar.
Dinge beim Namen nennen
Der Umgang mit Frauen als Ware wird besonders deutlich am Beispiel Indien: Dort werden weibliche Föten häufig abgetrieben. Man spricht vom Phänomen der „vermissten Mädchen“, ein Problem nicht nur in Indien, sondern in vielen Ländern dieser Welt. Die Folge: Es gibt einen hohen Männerüberschuss. Nun werden Frauen aus anderen, noch ärmeren Ländern gekauft oder einfach gekidnappt. Auch diese Verbrechen verarbeiten die Künstlerinnen.
Ein zweiter Teil der Ausstellung wurde von der GIZ (Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit) zusammengestellt. „Die Dinge beim Namen nennen – Gewalt gegen Frauen im Alltag“ lautet der Titel. Gezeigt werden vor allem Alltagsgegenstände, die benutzt werden, um Frauen zu quälen: Ein rostiges Messer, mit dem Beschneidungen vorgenommen wurden.Eine „sogenannte Ehepeitsche aus Äthiopien, dazu das dort geläufige Sprichwort: „Eine Frau und ein Esel bewegen sich nur unter Schlägen“.
Eine Marionettenpuppe aus Brasilien, dazu der Satz einer Frau, die eheliche Gewalt überlebt hat: „Du fühlst Dich wie eine Marionette, völlig in der Hand einer anderen Person.“ Ein zusätzlich mit Pflaster beklebter Mundschutz und darunter der Kommentar: „Die Macht der Männer ist das Schweigen der Frauen.“ Und die Frauen schweigen, weil sie in vielen Ländern keinerlei Hilfe finden. Häusliche Gewalt gilt als normal, auch nach schwersten Verletzungen gibt es keine psychologische Hilfe, keine sichere Unterbringung, etwa in einem Frauenhaus. Der einzige Ausweg aus einem solch elenden Leben, das aus Demütigungen, Schlägen, harter Arbeit besteht, ist der Tod.
Bedrückende Bilder und Objekte
Die Direktorin des Frauenmuseums, Marianne Pitzen, sagte beim Rundgang zornig: „Auch in diesem Jahr wurden Frauen massenhaft geraubt, versklavt und ermordet. Zur Hölle mit den Tätern, Frauenfeinden und Mördern! Aus unserer Wut muss endlich Macht und Strategie in allen gesellschaftlichen Bereichen werden, weltweit.“
Im Frauenmuseum lässt man die Besucherinnen nicht allein mit den bedrückenden Bildern und Objekten. Während der Ausstellung, die bis zum 6. März 1916 läuft, gibt es regelmäßige Workshops. Für mehrere dieser Veranstaltungen haben sich schon Gruppen von in Bonn lebenden Flüchtlingsfrauen angemeldet.
Die Ausstellung wird am heutigen 25. November eröffnet, das ist kein zufälliges Datum. Es ist der von den Vereinten Nationen ausgerufene „Internationale Tag zur Beendigung der Gewalt gegen Frauen“.
(† 2023) war freie Journalistin in Bonn und Erhard-Eppler-Biografin.