Kultur

Geschichte der Wahlplakate: Willy wählen und ein nackter Kandidat

Eine Ausstellung im Bonner Haus der Geschichte wirft ein Schlaglicht auf bundesrepublikanische Wahlkämpfe. Sie zeigt besonders kuriose und erfolgreiche Wahlplakate. Und wer möchte, kann sich sein Wunschmotiv selbst basteln.
von Jonas Jordan · 19. August 2021
Die Ausstellung im Bonner Haus der Geschichte ist noch bis zum 3. Oktober zu sehen.
Die Ausstellung im Bonner Haus der Geschichte ist noch bis zum 3. Oktober zu sehen.

Zur Bundestagswahl sind diesmal 53 Parteien zugelassen. Sie alle werben in den kommenden Wochen bis zum 26. September an Gartenzäunen, Laternen oder Straßenecken mit ihren wichtigsten Inhalten, bekanntesten Gesichtern oder Kandidierenden im jeweiligen Wahlkreis. Plakate sind dabei ein bewährtes Mittel politischer Wahlwerbung. Die Ausstellung „Wähl mich! Parteien plakatieren“ im Bonner Haus der Geschichte wirft nun ein Schlaglicht auf die Geschichte bundesrepublikanischer Wahlkämpfe.

Wie die SPD die Wahl gewann

Sie zeigt beispielsweise Klassiker wie die Kampagne der SPD zur Bundestagswahl 1972 unter dem Motto „Willy wählen“. Ein Plakat zeigt das Konterfei des Bundeskanzlers Brandt, versehen mit dem Slogan „Deutsche, wir können stolz sein auf unser Land. Wählt Willy Brandt!“ Ein Reim, der sich auszahlte. Mit 45,8 Prozent holte die SPD das beste Ergebnis ihrer Geschichte. Das Foto selbst war ein Glücksschuss während einer Wahlkampftour, wie Werbefachmann Harry Walter im begleitenden Video erzählt. Walter prägte zahlreiche Wahlkämpfe der SPD durch erfolgreiche Kampagnen für Brandt und Helmut Schmidt.

Schon fast 60 Jahre alt ist auch ein Wahlplakat der hessischen SPD, das die Ausstellung zeigt. Zur Landtagswahl 1962 bildete sie eine glückliche Kleinfamilie ab: Vater mit eigenem Auto, Mutter mit spielendem Kind auf der Picknickdecke, dazu der griffige Slogan „Hessen vorn“. Das traf offenbar den damaligen Zeitgeist. Denn Georg August Zinn errang damit als Ministerpräsident die absolute Mehrheit.

Provokant in den Bundestag

Deutlich provokanter kommt da Thomas Krügers Plakat aus dem Jahr 1994 daher. Zur Bundestagswahl ließ der damals 35-jährige frühere DDR-Bürgerrechtler komplett die Hüllen fallen und posierte mit dem Titel „Eine ehrliche Haut“. Das sorgte für bundesweite Aufmerksamkeit und bescherte dem heutigen Präsidenten der Bundeszentrale für politische Bildung den Einzug ins Parlament.

Weniger erfolgreich waren da Plakate von Union und FDP. Die selbstbewusste Ernennung von Guido Westerwelle zum Kanzlerkandidaten der Liberalen im Jahr 2002 mit dem Slogan „Die Zeit ist reif“ sorgte schon damals für Schmunzeln bis Häme. Am Ende lag die Partei statt bei den angepeilten 18 bei 7,4 Prozent. Und ein traurig dreinblickender Hund mit herunter hängenden Ohren und der Aufforderung „Die SPD muß weg!“ half der CSU 1972 auch wenig: Die Sozialdemokratie regierte weitere zehn Jahre im Bonner Kanzleramt.

Wahlplakat selbst basteln

Wer von all den zur Schau gestellten Motiven aus bundesrepublikanischen Bundes-, Landtags- oder Kommunalwahlkämpfen noch nicht vollständig überzeugt ist, für den gibt es in der Ausstellung die Möglichkeit, sich aus verschiedenen Motiven von CDU, SPD, FDP, Grünen, Linken oder AfD sein eigenes Wahlplakat zu basteln. Damit sind dann durchaus kuriose Zusammenstellungen wie „Ich liebe den Wald“ oder „Sozialismus statt Heimat möglich“. Der aktuelle SPD-Wahlslogan „Soziale Politik für dich“ hingegen findet sich noch lange nicht im Museum. Denn die Bundestagswahl ist erst am 26. September.

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Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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