In seinem Buch "So funktioniert Deutschland" lässt Hans Zippert die Leser allerdings nicht nur wissen, wer das Land regiert, sondern auch wie Deutschland gereinigt wird, woran man hierzulande
glaubt (Osterhase, Sommerzeit, Waldorfschulen). Und schließlich erfährt der geneigte Leser wie Deutschland und seine Bewohner "hergestellt" wurden und werden, und wie die Deutschen nach
verbrauchter Lebensdauer entsorgt werden: Vergraben, Verbrennen, Plastinieren. Für Letzteres brauche man lediglich vor dem Tod "Kontakt mit Gunther von Hagens" aufzunehmen.
Malle und die Schweiz als Ersatzteillager
Hinter dem "merkwürdigen Gebilde" mit "defekten Inseln wie Sylt oder Rügen" und "unaussprechlichen Doppelnamen wie Mecklenburg-Vorpommern, Baden-Württemberg oder Heidemarie Wieczorek-Zeul",
so der Autor, gebe es einen geheimen Plan. Diesen zu ergründen habe er sich 40 Jahre lang in Deutschland einschließen lassen. Diese Selbstaufopferung hat sich für die restlichen Bewohner bezahlt
gemacht, jedenfalls für die, die Zipperts Buch gelesen haben. Denn der findet bei der Republikanalyse allerhand satirisch Wunderliches und -bares, Witziges und Wahnwitziges. Noch dazu gibt er
diverse Hinweise und deckt ungeahnte Hintergründe auf. Wussten Sie z.B. wo sich bei "Funktionsstörungen" wie Wetter oder Steuersystem die "Ersatzteile" befinden? In diesen Fällen: auf Mallorca und
in der Schweiz natürlich.
Zippert begibt sich im Fortgang seines Werks immer wieder auf Exkurse. So berichtet er, wie Deutschland "auf dem Brocken aussieht". Dem Leser mag es zunächst vorkommen, als liege eine
Tempoverschleppung vor. Denn Zippert schwadroniert in immer irreren Wendungen von der Besteigung des höchsten Harzbergs. Dabei kommt er von Goethe über die Harzer Schmalspurbahn bis zum
DDR-Grenzschutz, von dem man nicht wisse, ob dieser oder "der Borkenkäfer am Werk waren" bei der Entstehung der Schneisen in den Fichtenbeständen. Die Kunst, aus einer einfachen Wanderung ein
Potpourri aus Lachmuskelattacken zu kreieren, beherrscht Zippert souverän.
Das Dresdener 3-D-Puzzle
Allerlei wohltuend Unsinniges zu Bildungskanon und Amüsantes zu gebräuchlichen Abkürzungen beinhaltet das Kapitel "So was muss man in Deutschland wissen". Komplett erfundene
Quatsch-Statistiken wie z.B. die der "Höhe des Rohopiumverbrauchs pro Kopf in Wuppertal bei Selbständigen, Beamten und Pfarrern" oder die des "Anteils von Gehörlosen unter deutschen Volksmusikern"
gibt Zippert in "So sieht Deutschland rein statistisch aus" zum Besten. Schließlich räsoniert er noch über deutsche Erfindungen vom deutschen Wald (466 v. Chr.) über Schubladendenken (1495) und
Trümmerfrau (1945) bis zum Sechskornbrot (1980), um dann zu guter Letzt noch einige Vorschläge loszuwerden. Dazu nämlich, was man sich in Deutschland unbedingt ansehen sollte: Frankfurt etwa
("diese Stadt ist so gut, dass man sie gleich zweimal gebaut hat") oder die Frauenkirche ("lange Zeit das größte 3-D-Puzzle der Welt"), um nur zwei Beispiele zu nennen.
Wer Zipperts Buch nicht liest, verpasst einiges.
Holger Küppers
Hans Zippert: "So funktioniert Deutschland", Deutscher Taschenbuch Verlag 2006, Erstauflage 2004, ca. 140 Seiten, 7,90 Euro, ISBN 3-423-20907-0
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.