Kultur

Gegen den Übermut der Mächtigen

von Tibor Oestereich · 6. März 2013

Was ist die Aufgabe von Satire? Wie weit darf sie gehen? Darf es für sie Grenzen geben? Diese Fragen wurden am Dienstag in der Akademie der Künste diskutiert.

Die Veranstaltung war ein Geburtstagswunsch und Herzensangelegenheit von Akademie-Präsident Klaus Staeck, der am 28. Februar seinen 75. Geburtstag gefeiert hatte. Ehrengast sollte der dänische Karikaturist Kurt Westergaard sein. Seine Mohamed-Karikaturen erlangten im Jahr 2005 zweifelhaften Weltruhm und lösten gewalttätige Proteste in islamischen Ländern aus. Seitdem ist er gezwungen, unter ständigen Polizeischutz zu wohnen.

Doch statt des Karikaturisten gab es nur ein Video-Interview zu sehen: Westergaard hatte die Reise nach Berlin krankheitsbedingt nicht antreten können. In dem Video sprach er sich für die Satire und ihre Notwendigkeit aus. Auch ging er darauf ein, dass er unter ständigen Polizeischutz lebe und die Polizeibeamten, die Westergaard rund um die Uhr bewachen, sich darüber freuten, dass er weder im eiskalten Meer winterbade, noch ein Nudist sei. Dennoch lasse er sich nicht einschüchtern und versuche ein nahezu normales Leben zu führen.

Dass Satire notwendig sei, dem widersprach keiner der Anwesenden. Sie sei ein nötiges Instrument zur „Verteidigung der Schwachen gegenüber dem Übermut der Mächtigen,“ betonte Klaus Staeck. Satire sei auch als ein Ausdruck der Kunst- und Meinungsfreiheit zu verstehen und dürfe deshalb nicht zensiert werden.

Verantwortung und Grenzen von Satire

Eine Gefahr sahen die Diskussionsteilnehmer in gefährlichen Fundamentalisten, die es in allen Religionen gebe. Der österreichische Karikaturist Gerhard Haderer berichtete etwa von seinen Erfahrungen mit christlichen Fundamentalisten – einschließlich einer Verurteilung und eines Freispruchs in Abwesendheit wegen Blasphemie in Griechenland. Auch in Deutschland steht Blasphemie unter Strafe und kann nach Paragraph166 der Strafgesetzbuchs bis zu drei Jahre Haft nach sich ziehen. Der Paragraph wird allerdings kaum angewendet.

Kurt Westergaard betont in seinem Video-Interview, dass Provokation nie die treibende Kraft seiner Karikaturen gewesen sei. Etwas sei keine Satire, wenn das einzige Ziel die Provokation sei. Deshalb sei der Schmähfilm „Innocence of Muslims“, der im September des letzten Jahres zu Unruhen in der arabischen Welt führte, weil dort der Prophet Mohammed auf abwertende Art und Weise darstellt wurde, weder als Satire noch als Kunst zu bezeichnen.

Angriff ohne Verletzung

Satire habe eine immense Verantwortung, weil sie nicht immer für jeden deutlich erkennbar sei und somit falsch verstanden werden könne. Als Beispiel wurde eine Karikatur über ein Wahlplakat genannt, in welcher der Slogan „Reiche müssen reicher werden – deshalb CDU“ verwendet wurde, woraufhin sogar Mitglieder der Partei dachten, dass es sich um ein echtes Wahlplakat handelte. Es gebe Grenzen für Satire.  Allerdings seien diese Grenzen keine pauschalen, sondern es sei jedes Mal eine Einzelfallentscheidung.

Konsens herrschte in der Akademie der Künste darüber, dass Satire über Minderheiten notwendig sei, um sicherzustellen, dass sie vollständige Mitglieder der Gesellschaft seien. Dennoch ist es unvermeidlich, dass es zu einer Selbstzensur kommen kann. Kabarettist Dieter Hildebrandt betonte, dass er zwar gerne angreife, aber nie die Absicht habe jemanden wirklich zu verletzten.

Die Veranstaltung war als solidarisches Zeichen für Kurt Westergaard und als ein Appell zur Verteidigung der Satire und somit der Meinungsfreiheit gegenüber jeglichem Fanatismus gedacht. Den Abschluss bildete ein satirischer Monolog von Dieter Hildebrandt, in welchem er sich quer durch Politik und Gesellschaft bewegte. Damit wurde dem Publikum die Notwendigkeit der Satire gleich anschaulich vor Augen geführt.

Autor*in
Tibor Oestereich

studiert Politikwissenschaft und Öffentliches Recht in Greifswald.

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