Kultur

Gangster´s Paradise?

von Die Redaktion · 17. April 2007

Dieser Behauptung stellte Pedro A. Sanjuan, der 1984 vom damaligen US-Vizepräsidenten Bush in die UN-Zentrale geschickt wurde und dort zehn Jahre blieb, in seinem Schwarzbuch über die Weltregierung auf. Die UNO sei ein Ort, an dem sich Antisemiten, Islamisten, Waffenhändler und unfähige UN-Diplomaten gleichermaßen tummeln, geschützt durch diplomatische Immunität und exterritoriales Gelände, was bedeute, dass weder die New Yorker Polizei noch das FBI dort Einfluss ausüben könnten. Dieser Umstand mache es möglich, dass sowohl Waffen als auch Drogen unbehelligt in diesem Gebäude geschmuggelt werden könnten.

Der amerikanische Ex-Politiker Sanjuan (Jahrgang 1931) beschreibt darüber hinaus auch wie das Gerücht über ihn verbreitet wurde, dass er Jude sei. "Damit begann dort für mich ein zehnjähriger antisemitischer Spießrutenlauf", schreibt er. Ein weiteres Beispiel für seine persönlichen Erfahrungen in der UN-Machtzentrale ist das folgende: Kurz nach seinem Dienstantritt kam Pedro A. Sanjuan auf die Idee, seinen Telefonhörer aufzuschrauben, da er dort eine Wanze vermutete. Stattdessen kam, wie die chemische Analyse ergab, ein Päckchen Kokain zum Vorschein. So hätte man ihn nach Belieben als Drogensüchtigen entlarven und damit jederzeit ausschalten können.

Doch noch sehr viel gravierender als die Verstrickung der Vereinten Nationen in kriminelle Aktivitäten jeder Art sei, nach Sanjuan, ihre dröhnende Ineffizienz. In seinem "Insiderbericht" beschreibt der Autor die Organisationsstruktur der UNO als ein "Feudalsystem mit schwachem König". Das heiße im Klartext, rund um das Büro des Generalsekretärs gruppierten sich Fürstentümer (Abteilungen), die sich nicht in ihre Karten blicken lassen. Ein Beispiel für diesen "Abteilungsdschungel" bilde die Abteilung für "Presse und Information", die wiederum eine eigene Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit unterhalte - was in einem normalen Wirtschaftsunternehmen vermutlich undenkbar wäre.

Was will Sanjuan mit der Veröffentlichung solcher Schreckensmeldungen erreichen? Am Ende seines Buches liefert der Autor ein paar praktische Vorschläge, wie die UNO zu reformieren sei. Beispielsweise regt er an, "dass rassistische und antisemitische Äußerungen im UN-Sekretariat" verboten werden müssten. - Ob dies und andere Reformvorschläge, angesichts dessen, was Sanjuan aufzudecken vermeint, den Kern der Sache trifft, bleibt allerdings fraglich! Außerdem stören die zum Teil extremen Verallgemeinerungen Sanjuans bezüglich des Antisemitismus. Er hatte zwar am eigenen Leib Antisemitismus in der UNO-Zentrale erfahren. Doch davon auszugehen, dass deshalb alle 8.000 Mitarbeiter Antisemiten seien, ist wohl etwas weit hergeholt.

Abschließend lässt sich festhalten, dass unegachtet der subjektiven Sichtweise, die zum Teil ungenau und ressentimentgeladen wirkt, der Leser immerhin zum Nachdenken über die für ihn in vielen Dingen anonyme Weltorganisation angeregt wird. Polemisch und zynisch zugleich konfrontiert und provoziert das Buch den einfachen Bürger genauso wie den UN-Beamten. Zu Recht wird es Kontroversen hervorrufen. "Ich halte dieses Buch für total unseriös, aber man muss es diskutieren.", sagt z.B. Hans von Sponeck, UN-Diplomat 1968 - 2000, zuletzt Leiter des UN-Hilfsprogramms im Irak.

Henriette Müller

Pedro A. Sanjuan: Die UN-Gang. Erfahrungsbericht eines Insiders. zuKlampen! Verlag, 19,80 Euro, ISBN 3-934920-92-6

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