Wie sieht die Arbeitswelt der Zukunft aus? In seinem Buch „Architekten der Arbeit” antworten dem Politikwissenschaftler Sven Rahner achtzehn namhafte Gesprächspartner auf diese und weitere Fragen.
Die von Rahner gefragten „Architekten” kommen aus den höchsten Ebenen von Politik, Wirtschaft, Gewerkschaft, Journalismus sowie Wissenschaft. Sie vertreten unterschiedliche Generationen und Parteien. Entlang von vier Kapiteln wird neben sozialwissenschaftlichen Analysen und interdisziplinären Beobachtungen auch konkret auf Tarif- und Personalpolitik eingegangen und die Meinung von Politikern eingeholt.
Rahners Werk liest sich angenehm abwechslungsreich. Die Kulturwissenschaftlerin Mercedes Bunz denkt den aktuellen Grad der Digitalisierung weiter und erklärt wie Expertenwissen zunehmend für alle verfügbar sein werde oder Algorithmen die Arbeit von Anwälten und Bankern übernehmen könnten. Einen radikaleren Umbruch sieht Katja Kipping im bedingungslosen Grundeinkommen. Damit verbunden sei „die Abschaffung jeglicher ökonomischer Erpressbarkeit von Menschen sowie die Beförderung der Muße”, so die Bundesvorsitzende von der Partei Die Linke.
Wenn Fachbegriffe fallen, erleichtern die Gesprächspartner das Verständnis mit anschaulichen Beispielen. So erklärt etwa der Publizist Matthias Horx „Employability”: „Man kann den Mitarbeitern heute zwar keinen lebenslangen Arbeitsplatz mehr garantieren. Sie scheiden jedoch qualifizierter und klüger und um wichtige Erfahrungen reicher aus dem Unternehmen aus. Denn das Unternehmen verpflichtet sich, die Entwicklung des Mitarbeiters aktiv zu fördern.”
Rahner sorgt auf der einen Seite mit gezielten Fragen für inhaltlichen Tiefgang. Auf der anderen Seite fordert er allgemeine Aussagen und eröffnet so die Möglichkeit die Visionen zu vergleichen. Überrascht stellt man dann fest, dass sich sogar Ideen, wie die des ehemaligen Telekom-Vorstands Thomas Sattelberger und des IG Metall-Vorsitzenden Detlef Wetzel, überschneiden.
Beide sehen den zukünftigen Arbeitnehmer in einer einflussreicheren Rolle. Aus der Sicht von Wetzel könne mehr Mitbestimmung den Arbeitnehmern ermöglichen „Ungerechtigkeiten und Probleme im Betrieb” zu lösen. Von der Belegschaft gewählte operative Führungskräfte würden nach Sattelberger „von der Akzeptanz der Geführten” getragen werden.
„Digitalisiert, diversifiziert und demokratisiert”
Wie eine gute Work-Life-Balance realisiert werden kann, erklärt der Ökonom Richard Freeman. Eine längere Auszeit für Weiterbildung oder Familie könne „zwischenzeitlich vom Steuerzahler getragen werden, wenn der Betrag vom Betroffenen wieder ins Steuersystem zurückbezahlt wird, indem er länger arbeitet”.
In einem persönlichen Vergleich der Visionen bringt Rahner die Schnittmengen aller Befragten auf den Punkt – die zukünftige Arbeitswelt sei „digitalisiert, diversifiziert und demokratisiert”. Den Weg in diese Welt zu ebenen, sieht der Autor daher als „Gestaltungsauftrag für Arbeitgeber, Gewerkschaften und Politik”. Dass dieser Auftrag auch angenommen wird, legt das Buch nahe. Mit fundierten Visionen formen die „Architekten” bereits das Fundament eines neuen Baustils.
Sven Rahner: „Architekten der Arbeit - Positionen, Entwürfe, Kontroversen”, edition Körber-Stiftung, 312 Seiten (TB) mit 18 Illustrationen von Ralf Nietmann, 16 Euro, ISBN: 978-3-89684-156-8.
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