Kultur

„The Founder“: Der Mann, der das McDonald's-Imperium erfand

Am Anfang war die Gier nach Erfolg: Das Bio-Pic „The Founder“ setzt dem zwiespältigen Gründer des McDonald’s-Imperiums Ray Croc ein filmisches Denkmal.
von ohne Autor · 21. April 2017
Die gesamten USA im Blick: Ray Croc (Michael Keaton) denkt in großen Kategorien.
Die gesamten USA im Blick: Ray Croc (Michael Keaton) denkt in großen Kategorien.

Ray Croc erfand mitnichten die revolutionäre Weise, Burger und Pommes Frites wie am Fließband zu produzieren und innerhalb von 30 Sekunden zu servieren. Darauf waren die Brüder Dick und Mac McDonald noch selbst gekommen. Croc ersann jedoch das Franchise-Modell, mit dessen Hilfe binnen weniger Jahre rund 1600 Restaurants nach dem Vorbild des kalifornischen Stammhauses zwischen Los Angeles und New York eröffnet wurden. Aus einer kleinen Burgerbraterei war ein Imperium geworden. Ein Imperium, in dem jene Brüder bald nichts mehr zu sagen hatten. Wohl aber Ray Croc. Das Time Magazine zählt ihn zu den 100 einflussreichsten Persönlichkeiten im 20. Jahrhundert.

Ein Amerika, das sich neu erfand

Wie es dazu kam, erzählt Regisseur John Hancock in „The Founder“. Es ist auch eine Geschichte über ein Amerika, das sich nach dem Zweiten Weltkrieg neu erfand. Über eine Welt, in der sich die industrielle Massenproduktion, nicht nur bei Lebensmitteln, endgültig durchsetzte. Und damit auch über das Tempo, mit dem wir heute Produkte jeglicher Art konsumieren. Dass sich gerade Ray Croc darin hervortun würde, ist anfangs alles andere als klar.

Die Geschichte beginnt mit einer Krise: Seit Jahren kurvt Croc (Michael Keaton) kreuz und quer durch die Staaten, um Milchshake-Mixer an Restaurants zu verkaufen. Mit mäßigem Erfolg. Das nagt an ihm. Als Croc eines Tages in dem Lokal der McDonald's-Brüder in San Bernadino steht, wird alles anders. Die Burgerfabrik fasziniert ihn. Und er beschließt, dieses noch nie gesehene Gastro-Konzept in den Rest des Landes zu tragen.

Von guten und schlechten Kapitalisten

Gibt es gute und schlechte Kapitalisten? Diese Frage schwingt in dem Film stets mit. Auf jeden Fall prallen zwei Welten aufeinander. Dick und Mac McDonald sehen eine Expansion skeptisch, wollen lieber am angestammten Ort die Qualitätsstandards des schnellen Essens im Auge behalten können. Es ließe sich auch von nachhaltigem Wirtschaften sprechen. Mit all dem kann Croc nichts anfangen. Er will den Erfolg, möglichst schnell und möglichst viel.

Absprachen und Verträge mit seinen Partnern sind zweitrangig. Um es mit seinen Worten zu sagen: „Das Geschäft ist wie Krieg. Verträge sind wie Herzen. Sie sind dazu da, gebrochen zu werden.“ Nur so ließen sich Amerikas „neue Kathedralen“ errichten.

Größenwahn und Turbokapitalismus

Industriemagnaten und der „American Way“ beschäftigt US-Filmemacher, seitdem es Kino gibt. In letzter Zeit häufen sich allerdings derartige Leinwanddramen, zumal im Zeichen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise gegen Ende der Nullerjahre. Günstiger konnte der Zeitpunkt kaum sein, um den Turbokapitalismus zu hinterfragen. Besonders Martin Scorceses „The Wolf of Wall Street“ (2013) sorgte für Aufsehen. Leonardo DiCaprio mimt darin einen Aktienhändler, den seine Profit- und Geltungssucht bis zur Selbstzerstörung treiben. Der Größenwahn des Protagonisten findet seine Entsprechung in der ästhetischen Form des Films.

Im Vergleich dazu ist „The Founder“ weitaus geerdeter. In ruhigem Erzählton und mit stimmigem 50er-Jahre-Flair wird ein von Ehrgeiz zerfressener Mann, den viele schon abgeschrieben haben, in seiner ganzen Normalität gezeigt, anstatt als Monster ausgestellt zu werden. Sein nach Erneuerung drängender Elan macht Ray Croc schon fast sympathisch, selbst wenn er ihm alles andere unterordnet und aufs Spiel setzt. Die Brüder McDonald erscheinen hingegen als Wesen von gestern, die man nur bemitleiden kann.

An der Grenze zu Mythos und Satire

Diese von Michael Keaton mit Dauergrinsen und aufgedrehter Hemdsärmeligkeit verkörperte Figur bewegt sich haarscharf an der Grenze zum Mythos, aber auch zur Satire. „Er wollte kein Loser sein, sondern Erfolg um jeden Preis“, sagt Drehbuchautor Robert D. Siegel. „Und das ist mittlerweile zu unserem nationalen Credo geworden.“ Diese Botschaft wird mehr als deutlich transportiert, zumal ein anderer, und ebenfalls nicht gerade zimperlicher, Selfmademan mittlerweile US-Präsident ist.

Man wünscht sich allerdings, „The Founder“ würde sich häufiger von Crocs Perspektive – schließlich ist er in jeder Szene zu sehen oder zumindest zu hören – lösen. So hat man den Eindruck, auch Siegel und Regisseur John Lee Hancock, der bereits Walt Disney und andere einflussreiche Amerikaner porträtiert hat, könnten Croc auf den Leim gegangen sein.

„The Founder“ (USA 2016), Regie: John Lee Hancock, Drehbuch: Robert D. Siegel, mit Michael Keaton, Laura Dern, John Carill Lynch, Nick Offerman u.a.

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