Nicht einmal ein Paar Schuhe hat Wulf für sich retten können, als er zum Ende des Krieges seine polnisch gewordene Heimat verlassen muss. Albträume, Hunger und Durst setzen ihm zu, als er
zusammen mit seiner Familie und anderen Dörflern gen Deutschland flieht.
In Berlin - dort lebt eine Tante - hofft er den Vater zu finden.
Doch dort haben Hunger und Obdachlosigkeit noch kein Ende. Den Vater suchen sie vergebens. Die Tante leidet selbst Not und kann sie nur für eine kurze Übergangszeit aufnehmen.
In der Altmark scheinen er und die Seinen endlich eine zweite Heimat zu finden. Sie haben wieder ein Dach über dem Kopf und werden mit dem Notwendigsten an Nahrungsmitteln versorgt. Der Vater
kehrt aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft zurück. Sie bringen es wieder zu bescheidenem Wohlstand, als sie Bodenreformland erhalten.
Wirtschaftlich sind sie erfolgreich. Wulf kann nach Abschluss der achten Klasse sogar die Arbeiter-und-Bauern-Fakultät besuchen und Neulehrer werden.
Trotzdem gerät die Familie bald wieder in Konflikt mit den Mächtigen, nun allerdings nicht mehr nur mit der Besatzungsmacht. Bereits das immer schwer zu erfüllende staatliche Soll ist für die
Neubauern ein Problem. Der Druck, der neu zu gründenden LPG beizutreten, ist damit jedoch nicht vergleichbar.
Der ehemalige Bürgermeister wird verhaftet und zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Er hat sich der Gründung der LPG widersetzt und er hat einem in den Westen gegangenen Bauern
Vieh abgekauft. "Beihilfe zur Westflucht" ist ihm danach zur Last gelegt worden.
Wulfs Eltern entschließen sich in den Westen zu gehen. Wulf selbst bleibt. Er arbeitet als Neulehrer dann als Leiter einer Dorfschule. Greta, der Tochter des ehemaligen Bürgermeisters, gibt
er ein neues Zuhause und heiratet sie bald darauf. Die Westflucht seiner Eltern macht ihn jedoch mancherorts verdächtig: Als von ihm verlangt wird, in die KVP, die Kasernierte Volkspolizei,
einzutreten, fasst er den Entschluss Mutter und Vater zu folgen.
Wie sein junger Held Wulf ist auch der 1934 im damaligen Danzig geborene Wolfgang Peller nach Kriegsende Neulehrer und Schulleiter geworden.
Das Bild einer Generation wird sichtbar, die ums nackte Überleben kämpfte und jede Chance ergriff, die sich ihr bot. Zu DDR-Zeiten erzählten Menschen dieser Generation kaum etwas von diesem
eigenen Erleben. Spät wird es nachgereicht.
Dorle Gelbhaar
Wolfgang Peller: Meine Zweite Heimat, Druck: AT-Werkstatt: Druckerei des Fachkrankenhauses Uchtspringe, 2007, 254 Seiten, ISBN 3-00-012731-3
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