Kultur

Europa in der Krise

von Fréderic Verrycken · 28. Oktober 2005
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Der Verlag Kiepenheuer & Witsch und der Leiter der Kommissionsvertretung hatten zur Präsentation geladen. In seiner Rede lobte Genscher das Buch. Es erscheine zur richtigen Zeit. Verheugen habe angesichts der Schwierigkeiten der EU - von den gescheiterten Verfassungsreferenden bis zu den Auseinandersetzungen über eine zukünftige Finanzplanung - die richtigen Signale gesetzt. Der ehemalige Bundesaußenminister unterstrich, dass Verheugen realistische Wege aus der derzeitigen Krise aufzeige: "Das Buch hat mich beruhigt", so Genscher.

Verheugen räume bereits in den ersten Kapiteln mit gängigen Vorurteilen auf. So weise der Autor beispielsweise zurecht darauf hin, dass beispielsweise die Kölner Stadtverwaltung über mehr Bedienstete verfüge als die Europäische Kommission. Die anhaltende Diskussion über ein angeblich gewaltiges europäisches Beamtenheer erscheine damit in einem anderen Licht, so Genscher. Die EU sei für ihn nicht nur ein gemeinsamer Binnenmarkt, sondern habe auch "eine neue Kultur des Zusammenlebens" ermöglicht.

"Europa setzt den Rahmen für die nationale Politik"

Im Anschluss gestand Verheugen, seit letztem Jahr Vizepräsident der Europäischen Kommission und Kommissar für Unternehmen und Industrie, dass er selbst in jüngeren Jahren Europa "furchtbar langweilig" fand. Dies habe sich erst geändert, als er Anfang der 90er Jahre Vorsitzender des Bundestagssonderausschusses zum Vertrag von Maastricht war und er sich mehr mit dem Thema beschäftigt habe. Erst dann sei ihm die Bedeutung der EU klar geworden: "Europa setzt den Rahmen für die nationale Politik", so Verheugen.

Als er mit den Vorbereitungen zu seinem Buchprojekt begonnen habe, wollte ein persönliches Buch über die Ost-Erweiterung der EU schreiben, an der er als damaliger EU-Erweiterungskommissar erheblichen Anteil hatte. Die jüngsten Entwicklungen in der EU hätten jedoch dazu geführt, dass er auch andere Schwerpunkte setzen musste.

Drei Dinge lägen ihm in seinem Buch besonders am Herzen, so Verheugen: erstens die Bewertung und Einordnung der jüngsten Erweiterung, zweitens die Beschreibung des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels in Europa und drittens zu ergründen, was das Besondere an der europäischen Gesellschaftsordnung ist.

Günter Verheugen:

"Europa in der Krise. Für eine Neubegründung der europäischen Idee"

Verlag Kiepenheuer & Witsch

Köln 2005

240 Seiten

18,90 Euro

ISBN 3-462-03470-7

Autor*in
Fréderic Verrycken

Chefredakteur der DEMO, Fraktionsvorsitzender der SPD in der Bezirksverordnetenversammlung Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf

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