Kultur

Erschreckende Gemeinsamkeiten

von Die Redaktion · 13. Februar 2008

"Dass die neoliberale Hegemonie nicht - wie man erwarten könnte - mehr Freiheit, Toleranz und Bürgerrechte mit sich bringt, sondern ganz im Gegenteil von einem Sicherheitsdiskurs begleitet wird, der Disziplin, Autorität und die Notwendigkeit sozialer Kontrolle betont, verweist auf die Affinität eines betriebswirtschaftlichen Effizienzdenkens zum totalitären Gesellschaftsmodell des Rechtsextremismus", schreibt Christoph Butterwegge in seinem Einleitungsbeitrag.

Versteckt mit Rechts sympathisieren

Angst vor sozialem Abstieg und die Zunahme prekärer Beschäftigung fördern dabei eine Entwicklung, in der sich immer mehr Bürger/innen von den etablierten Parteien abwenden und - zumindest versteckt - mit rechtspopulistischen Ideen sympathisieren. Das belegen zahlreiche Befragungen, die im Rahmen des EU-Projektes "Socioeconomic change, individual reactions and the appeal of the extreme right" (SIREN) erhoben wurden.

Gudrun Hentges und Gerd Wiegel fassen in dem Band Ergebnisse der deutschen Länderstudie zusammen und kommen zu dem Ergebnis, dass sowohl prekär Beschäftigte wie auch beruflich Erfolgreiche unter den aktuellen sozioökonomischen Rahmenbedingungen Nähe zu Rechts entwickeln können - mit jeweils spezifischen Ausprägungen. In den Antworten der Befragten tauchen regelmäßig Ressentiments gegen Kolleg/innen mit Migrationshintergrund, der Wunsch nach Vorzugsbehandlung für Angehörige der eigenen Nationalität sowie die Betonung von Konkurrenz- und Leistungsdenken auf.

Hentges und Wiegel resümieren: "Nicht nur für die viel zitierten sogenannten Modernisierungsverlierer/innen finden sich in der rechtsextremen Ideologie geeignete Anknüpfungspunkte zur Erklärung von Armut, sozialem Abstieg und Desintegration, vielmehr scheinen die neoliberalen Angebote der extremen Rechten auch die sogenannten Modernisierungsgewinner zu faszinieren: Leistung, Konkurrenz, Wettbewerb und Standort(nationalismus) - unter jeweils nationalem Vorzeichen - fanden im Laufe der letzten Jahre zunehmend Eingang in die wirtschaftspolitischen Konzepte der extremen Rechten und wurden zu einer wesentlichen Voraussetzung ihres Aufstiegs in mehreren europäischen Ländern."

Gewerkschaft macht nicht immun

Dass auch die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft keine Immunisierung gegen Rechtspopulismus bedeutet, belegt der Beitrag der Berliner Politologen Michael Fichtner, Richard Stöss und Bodo Zeuner, die ihre Studie zu "Gewerkschaften und Rechtsextremismus" vorstellen. Ihre Untersuchung ergab gleichfalls, dass nicht allein von sozialem Abstieg bedrohte Beschäftigte politisch nach rechts abdriften, sondern ebenso gut bezahlte Fachkräfte in Großbetrieben, die traditionell den Kern der Mitgliedschaft in den Industriegewerkschaften ausmachen.

Als mögliche Strategie gegen die ermittelten Entwicklungen nennt Christoph Butterwegge Aufklärung, inhaltliche Auseinandersetzung mit und Stärkung von Demokratierechten. "Die demokratische mit der sozialen Frage zu verbinden heißt: Partizipation als Kern der Demokratie bedarf umfassender Emanzipation."

Gudrun Giese

Christoph Butterwegge, Gudrun Hentges (Hrsg.), Rechtspopulismus, Arbeitswelt und Armut, Verlag Barbara Budrich, Opladen 2008, ISBN 978-3-86649-071-0, 306 Seiten, 24,90 Euro.

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