Im Sommer 1987 reisen die DDR-Bürger Marie und Jens durch Russland, die Mongolei und China – bis zur westdeutschen Botschaft in Peking. Der Journalist Peter Wensierski erzählt davon in seinem Buch „Die verbotene Reise“. Gemeinsam mit den Protagonisten stellte er es in Berlin vor.
Kennengelernt haben sich Marie und Jens in der Dunkelkammer. In den 1980er Jahren haben sie gemeinsam Fotos entwickelt. Jens studiert Biologie und ist ein passionierter Fotograf. Um Bilder von Reisen zu entwickeln, fährt er nach Weißensee. Dort, an der ostberliner Kunsthochschule, studiert Marie. Schnell wird aus den beiden ein Paar.
Die Kunststudentin zieht zu Jens in den Prenzlauer Berg. Dort schaffen sich die beiden eine eigene Welt, in der sie viel Zeit mit ihren Freunden verbringen und träumen. Doch dem frisch verliebten Paar wird seine Unfreiheit in der DDR immer wieder bewusst. Die Stasi wird auf Jens aufmerksam, der sich in Umweltgruppen engagiert und über die evangelische Gemeinde Kontakte in den Westen hat. In den Stasiunterlagen steht, Jens habe sich „vom Kollektiv entfernt“.
Flucht in die Freiheit
Die beiden Studenten fassen einen Entschluss. Sie wollen aus der DDR über Russland und die Mongolei bis nach China reisen – eine verbotene Reise. Für die Einreise in die Mongolei ist ein Visum nötig, das sich die beiden mit viel Glück erschleichen.
Mit Zügen und per Anhalter durchqueren die beiden Russland. Auch die Einreise in die Mongolei klappt Dank des Visums. Schließlich reisen sie nach China. Sie haben das für DDR-Bürger Unmögliche geschafft. „Nach einer Reise von 10 806 Kilometern stehen sie in Peking vor der westdeutschen Botschaft. Auf der anderen Straßenseite gibt es Pässe zur Ausreise in den Westen“, schreibt Wensierski in seinem Buch.
Getrennte Wege
Jens sieht für sich keine Zukunft mehr in der DDR und wagt den Versuch, einen Pass zu bekommen. Marie kann sich jedoch nicht vorstellen, ihr Kunststudium abzubrechen und ihre Familie in Ost-Berlin zurückzulassen. Die Wege der beiden trennen sich. Marie kehrt mit dem Zug nach Ost-Berlin in die gemeinsame Wohnung zurück. Jens reist mit einem westdeutschen Pass über Hongkong, Bahrain und London nach Bonn.
Trotz der Überwachung durch die Stasi und die Befragungen nach Jens’ Verschwinden, können sich die beiden ein letztes Mal in Budapest treffen. Danach wird Marie jede Ausreise verwehrt. Von nun an trennt die Mauer die beiden, jeder baut sich ein neues Leben auf. Der Kontakt bricht ab.
„Nicht nur eine Geschichte von damals“
Peter Wensierski war Anfang der 80er Jahre als West-Korrespondent in der DDR tätig. Durch Zufall erfuhr er von Jens' und Maries Reise. Beide teilen ihre Erinnerungen mit dem Autor. So trägt Wensierski durch Gespräche, Fotos und Stasi-Unterlagen die Geschichte für sein Buch „Die verbotene Reise“ zusammen.
Er betont, dass sie „nicht nur eine Geschichte von damals“ sei. Marie und Jens hätten sich die „Freiheit einfach genommen und nicht gewartet, bis sie von oben kam“, sagt er. „Die verbotene Reise“ sei ein Plädoyer dafür, „sich etwas zu trauen und zu neuen Ufern aufzubrechen“.
Peter Wensierski: „Die verbotene Reise. Die Geschichte einer abenteuerlichen Flucht“, Deutsche Verlags-Anstalt, München 2014, 256 Seiten, 19,99 Euro, ISBN 978-3-421-04615-4