Kultur

Eine Musikerlegende der DDR

von Die Redaktion · 13. Oktober 2006
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Die ersten beiden Platten der Band 1973 und 1974 werden ein Riesenerfolg. Zwar steht Klaus Renft schon mit Vorgängergruppen wie den "Butlers" unter der Beobachtung einer misstrauischen Kulturbürokratie. Mehrfach werden sie mit Auftrittsverboten belegt. Sie sind unangepasst, anarchisch, doch im kleinen kulturpolitischen Frühling der frühen Honecker-Jahre werden sie eher als harmlose Blues-Rocker wahrgenommen, von der FDJ unterstützt, von den Fans kultisch verehrt.

Mit den Texten des Liedermachers Gerulf Pannach und von Kurt Demmler taucht dann aber zunehmend ein härterer, politischerer Ton in ihren Liedern auf: Das real existierende Leben unter den Bedingungen des "real existierenden Sozialismus" wird plötzlich sichtbar. Die Texte werden subversiv, doppeldeutig, schließlich auch eindeutig systemkritisch.

Glaubensfragen

"Du, woran glaubt

der, der zur Fahne

geht, Ruhm der

Fahne schwört,

dabei stramm steht?

Du, woran glaubt

der, der nicht anlegt,

der als Fahne

vor sich her

einen Spaten trägt?

Du, woran glaubt

der, der in'n Kahn

geht, und den

Hintern quer zu

der Fahn' dreht?"


(Text: Gerulf Pannach)

Kulturelles Tauwetter nur von kurzer Dauer

Im September 1975 kommt für die Renft Combo durch eine Leipziger Kulturfunktionärin das Aus: Auftrittsverbot, "weil die Texte mit unserer sozialistischen Wirklichkeit nicht das geringste zu tun haben. Weil in den Texten darüber hinaus die Arbeiterklasse verletzt wird und die Staats- und Schutzorgane diffamiert werden. Wir sind der Auffassung, dass die Gruppe Renft damit als nicht mehr existent anzusehen ist." Das war's dann, Renft verschwindet aus den Plattenläden, aus dem Rundfunkprogramm, die Band-Mitglieder gehen in den Westen, 1976 auch Klaus Renft.

Mit der Ausbürgerung Wolf Biermanns endet endgültig das vorübergehende kulturpolitische Tauwetter in der DDR. Die Hoffnungen Klaus Renfts, im Westen an die großen Erfolge in der DDR anknüpfen zu können, erfüllen sich nicht, Wolf Biermann absorbiert für lange Zeit die Aufmerksamkeit der westdeutschen Medien für diese Thematik.

Klaus Renft war aus seiner Welt und aus seiner Zeit gefallen. In seiner wunderbar hintergründigen, manchmal absurden Autobiografie "Zwischen Liebe und Zorn" notiert er 1985: "Dies Westberlin ist eine fremde Welt, und es bleibt eine fremde Welt. Sie saugt mich auf, und sie spuckt mich gleich wieder aus, immer wieder der gleiche Vorgang." 2006 erkrankt er an Krebs. Er kämpft gegen die Krankheit. Im Juni 2006 steht er noch in Dresden auf der Bühne. Am 9. Oktober stirbt Klaus Renft.

Werner Loewe

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