Einem Unwetter, das den Zusammenbruch der herkömmlichen Kommunikationswege zur Folge hat, verdanken Milan und Leo neue Begegnungen. Etwa jene mit einem alten Ehepaar, das Angorakaninchen züchtet. Viel mehr ist da nicht in Birgit Vanderbekes neuem Roman „Sommer der Wildschweine“.
„Wenn man genau überlegt, was in diesem Sommer passiert ist: eigentlich nicht viel. Jedenfalls uns nicht.“ So steht es im zweiten Absatz. Wäre da nicht das heftige Gewitter. Strom weg, Wasser weg (jedenfalls das aus dem Hahn) und zwei Internetsüchtige ohne World Wide Web und E-Mails. Das ist auch schon die Story des Romans Birgit Vanderbekes, die 1990 den Ingeborg-Bachmann-Preis gewann. Mehr ist nicht. Was den Verlag ermutigt hat, im Klappentext zu behaupten, der „Sommer der Wildschweine“ sei Vanderbekes „zornigstes, persönlichstes“ Werk, bleibt unklar.
Spannung ist Mangelware
Der Roman plätschert so dahin. Auf NDR Kultur kam die Rezensentin Annkathrin Bornholdt zu dem Schluss, die Autorin verbinde „große Lebensfragen, Sprachphilosophie und Weltthemen wie Klimawandel und Terrorismus mit den ganz akuten Herausforderungen der Menschen vor Ort“. Also ein Roman, der kein Thema auslässt: „Manchmal kommt Leo in ihren Schilderungen vom Hölzchen aufs Stöckchen“, bemerkt die NDR-Autorin schon fast entschuldigend. So kann man es auch sagen.
Es fehlt ein Spannungsbogen, es gibt keine Überraschungen, und die Bandwurmsätze machen das Lesen nicht leichter. Ein Stück leichte Unterhaltung hinterlässt die Hoffnung, dass Vanderbeke bei ihrem nächsten Roman an frühere Titel anknüpft, für die sie immerhin den Kranichsteiner und den Solothurner Literaturpreis zugesprochen bekam.
Birgit Vanderbeke, Der Sommer der Wildschweine. Roman. Piper-Verlag, München/Zürich 2014, 152 Seiten, 22,99 Euro. ISBN 978-3-492-05622-9
Matthias Dohmen hat Germanistik, Geschichte, Politologie und Philosophie studiert, arbeitet als freier Journalist und ist 2015 mit einer Arbeit über die Rolle der Historiker West und Ost im "deutschen Geschichtskrieg" promoviert worden.