Mein Porsche, meine Stadtvilla, mein Golfclub: Wer erfolgreich sein will, muss auch so aussehen. Bobby Walker (Ben Affleck) fällt es schwer, dieses Denken abzulegen, obwohl er als Vertriebsleiter des Multikonzerns GTX gefeuert wurde. Zu dumm, dass der smarte Macher-Typ keinen neuen Job findet, der ihm und seiner Familie den bisherigen Lebensstandard sichert. Erst ein paar klare Ansagen seiner Frau holen ihn zurück auf den Boden der Tatsachen. Fortan verdient Bobby seine Brötchen als Hilfsarbeiter in der Baufirma des Schwagers (Kevin Costner). Hauptsache, die Familie hält zusammen. Doch kann Bobby wirklich raus aus seiner Manager-Haut?
Das Lebenswerk ist dahin
Boston, im Herbst 2008: Die Finanz- und Wirtschaftskrise ist auf dem Höhepunkt. Der GTX-Vorstandschef will den Aktienkurs für eine Fusion in die Höhe treiben. Die Folge sind Massenentlassungen zwecks Verschlankung. Auch um Bobbys Vorgesetzte zieht sich die Schlinge immer enger. Top-Manager Gene McClary (Tommy Lee Jones) hat den Laden mit aufgebaut. Nun geht er immer mehr auf Distanz zur Unternehmensführung. Die frönt trotz des Sparkurses dem Pomp und zerstört sein Lebenswerk. Plötzlich steht auch Gene auf der Straße - ebenso wie sein enger Mitarbeiter Phil Woodward (Chris Cooper). Die Männer trauern ihrer einflussreichen und luxuriösen Vergangenheit nach. Doch gleichzeitig ist eine Last von ihnen abgefallen. In der wohl größten Krise ihres Lebens schöpfen sie neue Kraft, um wieder von vorne anzufangen - sozusagen, ebenso wie Bobby, nach einer geistig-moralischen Wende.
So wie Bobby an seinem Wechsel vom Schreibtisch auf den Bau scheitert, gelingt auch Ben Afflecks Versuch, einen von Selbstzweifeln gebeutelten Familienvater zu verkörpern, nur bedingt. Kurzum: Die Nöte des durchaus lebensnahen Protagonisten lassen einen kalt. Was einerseits am nicht gerade facettenreichen Spiel Afflecks liegt. Mit chronisch cooler Miene quält er sich durch entwürdigende Bewerbungstrainings und Vorstellungsgespräche. Auch Regisseur und Drehbuch-Autor John Wells zeigt wenig Mut bei der Entwicklung seiner Figur, die besonders dann im Klischee erstarrt, wenn es emotional brenzlig wird. Dass die Tochter obendrein zum Herrgott betet, damit "mein lieber Papi wieder einen Job findet", ist umso peinlicher.
Handwerker leben besser
Als sympathisches Gegenüber erscheint wiederum Bobbys Schwager Jack: Kevin Costner lebt den bodenständigen Handwerker, der weiß, was er will und gerade darauf vertraut, mit jeder Pore und dem rauhen Timbre eines ehrlichen Malochers. Schade, dass auch Costners Part letztlich nur als Zweig des verkitschten Kraftzentrums namens Familie inszeniert wird.
Umso stärker ist der Eindruck, den Tommy Lee Jones hinterlässt. Sein sprödes Agieren bringt die innere Verwirrung des desillusionierten Anzugträgers besonders klar zum Vorschein. Gene vollzieht überdies die überraschendsten - wenn auch bisweilen fragwürdigen - Wendungen. Da auch im Eheleben Entfremdung herrscht, lässt er sich mit jener Personalchefin ein, deren Erfüllungspolitik gegenüber der Vorstandsetage er wiederholt angreift. Und dennoch gelingt es ihm von jenen "Company Men" am besten, seine Würde zu bewahren und aus eigener Kraft einen Neustart zu wagen.
Blick ins Haifischbecken
Ist "Company Men" nun ein Film über die Krise oder über deren Bewältigung? Zweifelsohne ist die Handlung in einer Realität angesiedelt, die während der letzten Jahre nicht nur viele US-Bürger mit brutalen Zäsuren konfrontiert hat. Dennoch erreicht die Darstellung des Innenlebens eines Haifischbeckens zu keinem Zeitpunkt die Tiefe oder Dramatik von Genre-Klassikern wie "Enthüllung".
So originell die Idee ist, Spitzenmanager die Trümmer ihrer Existenz zusammenkehren zu lassen und damit deren Selbstwahrnehmung offen zu legen, so konfektioniert ist das Ergebnis. Es sei dahingestellt, ob es an Wells' vorrangiger Fernseherfahrung - unter anderem führte er Regie bei "Emergency Room" - liegt, dass vielen Charakteren jeder Tiefgang fehlt und die Handlung arg auf Happy End gedrechselt ist.
Mag sein, dass Selbstvertrauen und Verwegenheit Tugenden sind, um sich aus dem Schlamassel einer aus dem Ruder gelaufenen Ökonomie zu befreien. Andererseits wirken diese Männer merkwürdig privilegiert: Als würden Führungskräfte immer irgendwie durchkommen. Diesem um Realismus bemühten Film hätte es gut zu Gesicht gestanden, auch die Geschichte weniger hochgestellter Krisen-Verlierer, die am Rande auftauchen, zu Ende zu erzählen. Was wurde etwa aus Bobbys gefeuerter Sekretärin? Beider Begegnung auf dem GTX-Parkplatz ist eine der stärksten Szenen. Sind im Angesicht der Krise alle Menschen gleich - oder sind doch einige gleicher? Das ist eine von vielen Fragen, die "Company Men" nicht beantwortet.
Company Men (USA 2010), Regie/ Drehbuch: John Wells, Länge: 104 Minuten, mit Ben Affleck, Tommy Lee Jones, Chris Cooper, Kevin Costner, Rosemarie DeWitt u.a. Kinostart: 07. Juli