Kultur

Durch Dick und Dünn

von ohne Autor · 18. Oktober 2007

Jürgen Schreiber, bis Anfang 2007 Chefreporter des Berliner "Tagesspiegel" hat den Werdegang Joschka Fischers seit den frühen 80er Jahren begleitet. Mit "Meine Jahre mit Joschka - Nachrichten aus fetten und mageren Zeiten" hat er ein Buch geschrieben, das "die Fragen beantwortet, denen Joschka Fischer selbst ausweicht", wie der "Stern" schrieb. "Ich wollte ein richtig ehrliches Fischer-Buch schreiben", sagt Schreiber. Das ist ihm gelungen.

Das Buch ist viel mehr als eine reine Biographie von Josephe Martin. Schreiber beginnt mit seiner Geschichte Anfang der 80er Jahre als Joschka Fischer noch zur Frankfurter Sponti-Szene gehört und niemand ihn kennt. Schreiber selbst war zu dieser Zeit als Jungredakteur bei der "Frankfurter Rundschau" beschäftigt und für die Berichterstattung über die Häuserbesetzungen zuständig. Dort traf er den späteren Außenminister zum ersten Mal.

Chronologisch beschreibt der Journalist den Einzug der Grünen (und Fischers) in den Bundestag und dessen Enttäuschung über sein Ausscheiden wegen des bei den Grünen gepflegten Prinzips der Rotation zwei Jahre darauf. Schreiber ist dabei, als Fischer zum Umweltminister in Hessen wird - die Vereidigung in Turnschuhen ist inzwischen fester Bestandteil der jüngeren deutschen Geschichte. Und er erlebt, wie Fischer zwei Jahre später seinen Hut nehmen muss. 1998 ist Schreiber Gast der Wahlkampfparty der Grünen, nach der Fischer deutscher Außenminister werden wird.

Der Autor erzählt all dies aus der Position desjenigen, der dabei war. Er hat kein reines Fischer-Buch geschrieben, sondern eins über beide, "Fischer und Schreiber", das sehr persönlich ist. Schreiber legt sowohl einen Bericht vor über den Menschen und den Politiker Fischer, als auch über eine ganze Generation, deren Idol Joschka Fischer gewesen ist.

Für diesen Bericht hat der Autor mit vielen Weggefährten gesprochen und in eigenen Aufzeichnungen gekramt. Er zeichnet ein vielschichtiges Bild des Mannes, der die Grünen verkörperte, wie niemand vor und wie (bisher) niemand nach ihm.

Dabei bleibt der Autor trotz der erlebten Nähe emotional stets distanziert. Symptomatisch hierfür stehen der erste und der letzte Satz des Buches. Sie sind identisch: "Freunde waren wir nie." Doch obwohl Schreiber sehr kritisch mit dem ehemaligen Liebling der deutschen Politik umgeht, klang es bei der Vorstellung seines Buches beinahe wehmütig als er sagte: "Wenn man Fischers Nachfolger sieht, könnt man fest Sehnsucht nach ihm bekommen." Aber eben nur fast.

Jürgen Schreiber: Meine Jahre mit Joschka - Nachrichten von fetten und mageren Zeiten, Econ 2007, 205 Seiten, 19,90 Euro, ISBN: 3430300339

0 Kommentare
Noch keine Kommentare