Kultur

Drei freundliche, ältere Herren oder literarische Ost-West-Prominenz im Gespräch

von Die Redaktion · 27. März 2006
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Wie denn der Umgang der Journalisten in der DDR mit ihm gewesen sei, fragte er zunächst an Werner Heiduczek und bekam zu hören, es habe schon immer kluge Journalisten und Schwätzer gegeben und das Geschwätz sei heute nicht weniger geworden. Auf diese Weise hielt es der mittlerweile in Leipzig ansässige Autor den ganzen Abend.

Er verschwieg nicht, was ihm an der DDR, als sie noch existierte, missfallen hatte, wo die Reibungsflächen lagen und wie ihm das Publizieren erschwert oder unmöglich gemacht wurde, nachdem er eine kritische Sicht entwickelt hatte. Doch er verdeutlichte auch, wie es für ihn selbst ein Prozess persönlichen Reifens war, zu erkennen was am System nicht stimmte. Fehler und Irrtümer billigte er anderen wie sich selbst zu.

Ein für allemal habe er sich für eine freundliche Sicht auf die Welt entschieden, meinte Heiduczek, der dieses Jahr 80 Jahre alt wird. Er sähe schließlich auch die Vergänglichkeit des jetzt Bestehenden, die er allerdings nicht mehr erleben werde.

Vom 1933 geborenen Peter Härtling war zu erfahren, dass er nach unversöhnlicher Kontroverse mit einem nazistisch gesinnten Deutschlehrer ohne Abitur von der Schule ging und fortan selbstbewusst seinen literarischen Weg als freier Autor beschritt. Jürgen Borchardts Antikriegsverse waren für ihn prägend (wie auch für Heiduczek), ebenso die Thomas-Mann-Lektüre und natürlich vor allem sein eigenes Erleben als Kriegskind. Heuchelei, Festhalten an nazistischen Ideen, Leugnen der eigenen Verantwortung in der Gesellschaft prangerte er an, wo er darauf traf.

Er rieb sich an der Gesellschaft, aber Probleme seine Texte zu veröffentlichen - wie der späte Heiduczek - hatte er nicht. Härtling fühlte sich frei. Die Grenzen dieser Freiheit bemerkte jedoch, als er an Aktionen gegen die Startbahn West auf dem Frankfurter Flughafen teilnahm.

Die beiden Autoren begegneten sich an diesem Abend zum ersten Mal und waren gleich, "wie unter Autoren üblich" Heiduczek), beim Du. Da gab es jede Menge Verbindendes, dessen Fäden durch den Vortrag der vielfach geehrten Autoren ebenso wie durch die Moderation und Plauderei gekonnt verknüpft wurden.

Der Abend machte neugierig darauf, die Lebenserinnerungen von Peter Härtling und Werner Heiduczek nachzulesen, in denen sich deutsche Geschichte in Einheit und Teilung und persönlichem Schicksal widerspiegelt.



Dorle Gelbhaar


Peter Härtling "Leben lernen. Erinnerungen", dtv München 2003, 368 Seiten, 9,50 Euro, ISBN 3-423-13288-4

Werner Heiduczek "Die Schatten meiner Toten", Faber&Faber, Leipzig 2005, Hardcover, 426 Seiten, 24 Euro, ISBN 3-936618-13-5

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