Wer Scientology verlassen will, müsse mit "drastischen Konsequenzen" rechnen, sagt Amy Scobee, ehemalige SO-Spitzenmanagerin, die die Führung der Organisation als "durch und durch korrupt"
bezeichnet. "Eine Ausstiegserklärung bedeutet 24 Stunden Bewachung." Mitarbeiter müssten die immens hohen Kosten für alle Kurse zurückerstatten, die sie erhalten haben.
Mischung aus Verhör und Beichte
Warum gehen die Scientologen so aggressiv mit Renegaten um? "Wir kennen inkriminierte Personen der Organisation. Und die wollen unter keinen Umständen, dass etwas nach außen dringt", gibt
Bruce Hines zu bedenken. Der Ex-Angehörige des paramilitärischen SO-Elitekaders Sea Org hat früher so genannte Auditings - eine Mischung aus Verhör und Beichte - mit prominenten Mitgliedern wie
Nicole Kidman durchgeführt. Jesse Prince, ebenfalls ehemaliges Sea-Org-Mitglied, verweist auf den ökonomischen Schaden, den ein Imageverlust nach sich zieht. Schließlich sei der wahre
Betriebszweck der Organisation, so Prince, "viel Geld zu machen und noch mehr Geld zu machen."
"Bis nichts mehr bleibt", lautet der Titel eines Spielfilms, der auf reale Begebenheiten basiert. Er zeigt den verzweifelten Ausstiegsversuch eines Mitglieds, dessen Familie in dem Konflikt
mit der SO zerbricht. Der Film wird am Mittwoch in der ARD zur Prime Time ausgestrahlt. "Die gesamte Entstehungsphase unterlag strengster Geheimhaltung", berichtet Co-Produzent Benjamin Benedict.
"Keine leichte Aufgabe bei einem Film, an dessen Entstehung etwa 80 bis 100 Personen beteiligt waren."
"Die kriegen wieder eine übergebraten."
Aus der Führungsetage von SO Deutschland hagelt es Proteste gegen den Streifen. Die ARD habe "Kampagnen-Journalismus" betrieben, meint Jürg Stettler, Sprecher der Organisation. Die
Ausstrahlung von "Bis nichts mehr bleibt" sei zwar juristisch nicht zu verhindern, räumt die SO ein. Sie wolle aber eine Schadenersatzklage gegen die Stadt Hamburg als Arbeitgeberin der AGS
anstrengen. Begründung: Deren Leiterin Ursula Caberta, die die ARD beraten und Kontakte zu Aussteigern hergestellt hat, habe angeblich falsche Informationen über SO verbreitet.
Der Film sei "wunderbar", weil er die Wahrheit abbilde, hält Caberta den Vorwürfen entgegen. Einer Klage gegen ihre Behörde sieht die kampferprobte SO-Jägern gelassen entgegen: "Die kriegen wieder eine übergebraten", spielt Caberta auf eine aktuelle, allerdings noch nicht rechtskräftige Entscheidung vom Hamburger Verwaltungsgericht an. Die Scientologen hatten mit Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz auf Herausgabe von personenbezogenen Daten geklagt - und verloren.
Bis nichts mehr bleibt
Fernsehfilm, Deutschland 2010
ARD, Mittwoch, 31. März 2010, 20:15 bis 21:45
Der Text erscheint mit freundlicher Genehmigung des
"Blick nach rechts"