Dokumentation „Himmlische Prinzessin“: Kurzes Glück in Myanmar
In Myanmar lässt der glänzende Wahlsieg der Partei von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi bei den Parlamentswahlen fast vergessen, dass das südostasiatische Land über Jahrzehnte der Willkür einer brutalen Junta ausgesetzt war. Noch immer hält das Militär einen beträchtlichen Teil der Macht in der Hand. Anfang der 1960er Jahre nahm die Gewaltherrschaft ihren Lauf. Rund ein Jahrzehnt vorher stürzt sich eine junge Österreicherin in ein Abenteuer, wie man es aus Kitsch-Romanen kennt. Um der geistigen Enge Kärntens zu entkommen, geht die 19-jährige Inge Eberhard zum Studium in die USA. Dort verliebt sie sich in einen angehenden Bergbauingenieur aus dem damaligen Burma. Das Paar pfeift auf die kulturellen Unterschiede und heiratet.
Die Frisur bleibt
Erst bei dem triumphalen Empfang im Hafen von Rangun merkt Inge, wen sie sich geangelt hat. Sao Kya Seng ist nämlich der Prinz des wichtigen Shan-Teilstaats in dem Land, das gerade die britische Fremdherrschaft abgeschüttelt hat und nun nach einem eigenen Weg in die Zukunft sucht. Sei's drum: Die beiden gründen eine Familie und verleben herrliche Jahre auf des Prinzen Landgut. Als sich 1962 das Militär an die Macht putscht, ist es aus mit dem Glück: Sao hat seinen eigenen politischen Kopf und wandert in den Knast. Inge kommt unter Hausarrest. Eines Tages wagt sie mit ihren beiden Töchtern die Flucht. Ihren Mann sieht sie nie wieder.
Mag die Geschichte auch wie ein Rührstück anmuten: Der Dokumentarfilm von Karin Kaper und Dirk Szuszies ist alles andere als das. Sie porträtieren eine Frau, der seit ihrer Jugend daran gelegen war, Grenzen zu überwinden und Neues zu wagen. Nur so lässt sich dieses Leben zwischen und mit den Extremen verstehen. Wir erfahren aber auch einiges darüber, was es heißt, sich in einem völlig fremden kulturellen Kontext zurechtzufinden. Die aufgesteckte Frisur nach Art der Shan-Frauen aus ihrer Zeit bei Hofe trägt Inge Sargent, wie sie heute heißt, noch immer. Den Namen hat sie von ihrem zweiten Ehemann übernommen. Mit ihm hat sie sich in den USA ein neues Leben aufgebaut und kämpft von dort aus für andere Flüchtlinge aus Myanmar und für die Aufklärung der Verbrechen der Militärs an ihrem eigenen Volk.
Vom Kriegskind zur Prinzessin
Der Film, der nun in seiner Langfassung auf DVD erscheint, stammt aus dem Jahr 2000. Seinerzeit wurde allein die verkürzte Version im Fernsehen gezeigt. Der zeitliche Abstand tut der Relevanz allerdings keinen Abbruch. Die meisten Episoden spielen ohnehin Jahrzehnte zuvor. An Originalschauplätzen in Österreich, den USA und, heimlich gedreht, auch in Myanmar, rekonstruieren die Filmemacher den unverhofften Weg der Protagonistin vom Kriegskind zur von der Bevölkerung hochverehrten Himmlischen Prinzessin, die, zumindest nach eigener Darstellung, kein allzu glamouröses Leben führte – im Vergleich zu den bettelarmen Dorfbewohnern, die sie beschäftigte, wohl aber schon. Ilse Sargents Lebensgeschichte steht ohnehin für sich. In den 90er Jahren hatte sie sie in ihrem Buch „Dämmerung über Birma“ verarbeitet. Einige Passagen daraus spricht sie als Off-Kommentar. Überhaupt folgt der Film fast durchweg Inge Sargents Perspektive, die sie auch in etlichen Erinnerungsberichten vor der Kamera zum Ausdruck bringt. Und das stets schnörkellos, unpathetisch und dennoch äußerst anschaulich und persönlich. Diesen Erzählungen einer im besten Sinne weltgewandten und selbstbewussten Frau folgt man gerne, zumal in diesem stimmigen Rahmen, der dem Strom der Zeitläufte genügend Raum lässt. Und sei es nur als Ergänzung zum Spielfilm „Dämmerung über Burma“, der kürzlich im deutschen TV ausgestrahlt wurde.
Himmlische Prinzessin – die letzte Mahadevi (Deutschland 2000), ein Film von Karin Kaper und Dirk Szuszies, mit Inge Sargent u.a., 90 Minuten. Jetzt auf DVD. Mehr dazu hier.