Kultur

Dieter Hildebrandt ist („nie wieder) achtzig!“

von Vera Rosigkeit · 23. Mai 2007
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Von Erhard Jöst

Sein Name ist zum Inbegriff des politischen Kabarettisten geworden. Die Stotterspötterei wurde zu seinem Markenzeichen und auf der Bühne agierte er als Meister der Improvisation, der scheinbar stets mit den Worten kämpft und Sätze abbricht. Freilich erst dann, wenn er seine Zuhörer bereits auf die richtige Fährte gebracht hat.

Große Kleinkunst

Zusammen mit Sammy Drechsel gründete er 1956 die Münchner Lach- und Schießgesellschaft, für die er lange schrieb und auf der Bühne stand. In die Herzen der Kabarett-Liebhaber spielte er sich mit seinen Fernseh-Sendungen "Notizen aus der Provinz" (ZDF) und "Scheibenwischer" (SFB/ARD). Für seine große Kleinkunst, geistreich Spott auszugießen, wurde Hildebrandt mehrfach ausgezeichnet. Kein Preis rund um Satire und Kabarett, den er nicht verliehen bekommen hätte. Dass er vor einem Jahr den "Scheibenwischer" an ein Team um Bruno Jonas abgab, bedeutet keinesfalls, dass er sich aus dem kulturellen Leben zurückgezogen hat. Im Gegenteil. Nach wie vor absolviert er mehr als 150 Auftritte pro Jahr, vornehmlich satirische Lesungen und Aufführungen des Programms "Vorsicht: Klassik!".

"Altern hat Zukunft"

Am 23.5. feierte der im schlesischen Bunzlau geborene Dieter Hildebrandt seinen 80. Geburtstag, weshalb er sich in seinem neuen Buch vornehmlich mit dem Altern beschäftigt, "schon deswegen, weil ich gemerkt habe, dass das Altern Zukunft hat". Mit gutem Gespür ermittelt er die Komik des Alltags. In insgesamt 49 Abschnitten spricht er wie in einem Nummernkabarett wahllos Themen und Ereignisse aus Politik und Gesellschaft an. Er gibt zahlreiche Denkanstöße und Lachanreize, ruft Vergangenes in Erinnerung und mokiert sich über die Unfähigkeiten, mit denen sich mancher Spitzenpolitiker blamiert hat. Die Nachfolgekämpfe in der bayerischen CSU sind für ihn natürlich eine gefundenes Fressen.

Humorvoll mit Biss

Substanziell ist der satirische Angriff auf den Bundeswanzenminister Wolfgang Schäuble (CDU) ausgefallen, der über "seinen Durchlaucht, den Bürger" alles wissen möchte, damit er "eines Tages auch die passende Straftat für ihn finden" kann. Hildebrandt erfindet auch gleich die passende Steigerungsmöglichkeit für Sicherheitspolitiker: "Schill - Schilly - Schäuble." Humorvoll nimmt er die Schlagzeilen der Boulevard-Presse auseinander, kommentiert sarkastisch Skandale und Affären, präsentiert witzige Wort- und Gedankenspiele. Jeder, der geistreiche Spöttereien liebt, wird das Buch "Nie wieder achtzig!" mit Vergnügen lesen. Er wird mit Bewunderung feststellen, dass Hildebrandt seinen Biss nicht verloren hat und er wird ihm weiterhin die Erhaltung seiner kreativen Schaffenskraft wünschen.

Nie wieder 80! (Gebundene Ausgabe)

von Dieter Hildebrandt

Blessing (April 2007)

Preis: EUR 19,95

*Dr. Erhard Jöst lebt und arbeitet als Gymnasiallehrer seit 1981 in Heilbronn. Er ist Gründer und Leiter des Heilbronner Kabarett-Ensembles GAUwahnen und Mitglied der SPD seit 1961.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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