Trotz zahlreicher und vielstimmiger Diskussionen fehle ein "klares Zielbild" für die Zukunft des Öffentlichen Dienstes in Deutschland, bemängelt Bull. Der Titel seines Buchs zeichnet dieses
Zielbild: "Vom Staatsdiener zum öffentlichen Dienstleister". Den Weg dorthin beschreibt Bull Schritt für Schritt - anders als die aus seiner Sicht vordergründigen politischen Debatten.
Eine Frage der Logik
Bull, Verwaltungsrechtler und bis 1983 erster Bundesbeauftragter für den Datenschutz, erfindet das Rad nicht neu. Das braucht er auch nicht: Reformpläne für den Öffentlichen Dienst liegen
schon lange vor, wie er in seinem Buch zeigt. Bulls Leistung ist eine andere. Er ordnet die einzelnen Aspekte mit einer klaren Logik und befreit gängige Argumente von ihrer politisierten Patina.
Stärken und Schwächen des heutigen Systems benennen - das ist für Bull der erste Schritt. Starke Kritik übt er an der Aus- und Fortbildung der öffentlich Beschäftigten. "Unzureichend" lautet
das Urteil. Viel zu häufig würden Rechtsnormen vermittelt, viel zu wenig deren effiziente und bürgernahe Anwendung.
Enormer Wissens-Pool
Doch Bull erkennt auch die Potenziale. Die deutsche Verwaltung, von den Kommunen bis zur Bundesebene, biete mit ihrer ausdifferenzierten Struktur einen riesigen Pool an Wissen und Erfahrung,
der "auch für die Lösung neu auftauchender Probleme genutzt werden" könne. Bisher sei der Öffentliche Dienst aber traditionell und strukturell kaum darauf eingestellt, innovativ vorzugehen.
Aus seinen Bestandsaufnahmen und der Kritik an gängigen Reformansätzen entwickelt Bull ein Konzept für die Zukunft des öffentlichen Dienstrechts. Dazu gehört für ihn etwa eine
leistungsbezogene Bezahlung von Beamten - wie sie der Tarifvertrag für Angestellte und Arbeiter im Öffentlichen Dienst längst vorsieht.
Bund und Länder in der Pflicht
Doch Bull geht weiter. Für seine Reformvorschläge schwingt er nicht den "Rotstift" und will auch nicht die Arbeitsbedingungen der öffentlich Beschäftigten einseitig verschlechtern. Er nimmt
auch die Arbeitgeberseite, Bund und Länder, in die Pflicht: Die Möglichkeiten flexibler Arbeitszeitmodelle sollten besser ausgestaltet werden und ein echtes Personalmanagement müsse das starre
Laufbahnsystem ersetzen.
Mitbestimmung entscheidend
Beim Umsetzen der Reformen will Bull die Beschäftigten einbinden. Mitbestimmung steht für ihn im Mittelpunkt - anders als in einigen unionsgeführten Bundesländern, die vor Reformen des
Dienstrechts einen Abbau der Mitbestimmungsrechte stellen. Den Gewerkschaften, besonders den DGB-Gewerkschaften, misst Bull dabei eine besondere Rolle zu. In ihnen seien, anders als etwa im
Beamtenbund, sowohl öffentlich Bedienstete als auch Angestellte und Arbeiter der Privatwirtschaft organisiert. Mit konstruktiver Mitarbeit bei möglichen Reformen seien sie so in der Lage, "einen
besseren Ausgleich" und mehr gegenseitiges Verständnis zwischen den einzelnen Beschäftigtengruppen zu erreichen.
Mitte September 2007 läutet die Bund-Länder-Kommission die zweite Runde der Föderalismusreform ein. Spätestens dann werden die Debatten um Öffentlichen Dienst und Beamtentum erneut aufkommen.
Lesenswert ist Bulls Band aus der edition sigma-Reihe "Modernisierung des öffentlichen Sektors" für alle, die sich bis dahin auf den aktuellen Stand gebracht haben wollen - mit nachvollziehbaren
und ausgewogenen Argumenten. Die nämlich liefert Boll: Ohne Schönfärberei, aber auch ohne plumpe Polemik.
Timm Schneider
Hans Peter Bull: Vom Staatsdiener zum öffentlichen Dienstleister. Zur Zukunft des Dienstrechts, edition sigma, Berlin 2006, 8,90 Euro, 104 Seiten, ISBN: 3-89404-747-X
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