Farin beleuchtet darin das Innenleben der Jugendszenen und zeigt, dass sie wichtig und innovativ sind. Jugend - das ist keine homogen Altersgruppe, die "Jugend als solche existiert nicht
mehr." Vorlieben und Interessen der Einzelnen sind unterschiedlich und differenziert, gleiches gilt für ihre Szenezugehörigkeit. Die Teilhabe an einer Jugendkultur ist die neue Normalität. In einem
früheren Jahrzehnt mussten sich jungen Menschen nur zwischen den Beatles und den Stones oder den Punks und den Poppern entscheiden. Heute ist das Jungsein dagegen schwieriger. Es existieren viele
Subkulturen nebeneinander. Wer die Wahl hat, hat auch die Qual!
Aber nicht nur die Auswahl ist größer, es ist auch schwieriger, heutzutage aufzufallen. Was einst schrill war, ist heute spießig. Jugendliche Subkultur werde sofort in den gängigen Mainstream
integriert und kommerziell vermarktet, lautet Farins These. Auffällig sind heute nur noch die "Stinos", stinknormale Jugendliche" die sich mit keiner dieser Szenen identifizieren können. Sie
stellen die Ausnahme dar.
Seitenhieb für die Jugendforschung
Eingehend widmet sich der Autor dem Habitus der Szenegänger, beschreibt ihren Umgang mit Drogen und Gewalt, untersucht die Partizipation von Frauen und beleuchtet gängige Rollenbilder näher.
Er attestierte Hooligans und Neonazis männlich-dominante Charakterzüge, während die Gothic-Szene von weiblichen Attributen geprägt sei. Der Jugendforschung verpasst er einen Seitenhieb und wirft
ihr vor, nicht an der Jugend selbst, sondern nur am Untersuchungsgegenstand Jugend interessiert zu sein.
Informierend und gut lesbar formuliert, mach das Buch Lust, sich auch darüber hinaus mit Jugendkulturen zu beschäftigen. Die unkonventionellen Essays und Reden des Leiters des Archivs für
Jugendkulturen regen zum Nachdenken an - und das nicht nur über die eigene Jugend.
Anke Schoen
Über die Jugend und andere Krankheiten (Essays und Reden 1994-2008); Klaus Farin; Archiv der Jugendkulturen e.V.; ISBN: 978-3-94021-3426
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