Kultur

Die Gefahren von Rechts: Die Faschisierung ostdeutscher Provinzen

von Die Redaktion · 26. September 2005

Die NPD sei nicht gefährlich, weil sie in den Bundestag oder gar irgendwann ins Kanzleramt einziehen könnte, sondern weil sie schleichend und ohne größeres öffentliches Aufsehen an einer Faschisierung der ostdeutschen Provinzen arbeite und damit in einigen Gegenden schon weit vorangekommen sei. Die modernen Nazis fallen nicht mehr auf. Sie tragen keine Springer-Stiefel mehr, sie sind die "die netten Nazis von nebenan": Sie helfen beim Ausfüllen von Formularen, unterstützen beim Einkaufen, bringen Gärten in Ordnung, veranstalten Kinderfeste oder protestieren gegen die Vertreibung alteingesessener Mieter durch Miethaie. Die Partei wird nicht mehr von Männern repräsentiert, die ihrer Jugend unter Hitler nachtrauern. 42 Prozent der Mitglieder der NDP sind jünger als 30 Jahre, sie kommen aus allen beruflichen Schichten.

Noch vor wenigen Jahren war die NDP nahezu bedeutungslos geworden.

Drei Faktoren brachten sie wieder auf Erfolgskurs. Erstens gelang es dem neuen NDP-Chef Voigt, die Ideologie der NPD neu auszurichten: nicht mehr pro-kapitalistisch, sondern sozialistisch-revolutionär, europa- und globalisierungsfeindlich und antichristlich, der völkische, antisemitische, rassistische Kern blieb erhalten.. Der eigentliche Erfolg bestand aber darin, diese neue Ideologie in die neuen Bundesländer zu transportieren. Die NDP erkannte, dass man in Ostdeutschland mit dem Ideologiemix aus Sozialismus und Nationalismus auf völlig andere gesellschaftliche und mentale Voraussetzungen als im Westen trifft. Daher spielt sie die Ostalgie-Karte und lobt die sozialen Errungenschaften der DDR. Damit wurde sie über ihr altes Kernklientel hinaus attraktiv.

Zweitens gelang es der NDP, eine lebendige Jugendkultur zu nutzen und die kleine Skinheadszene zu einer breiten rechtsradikalen Strömung zu entwickeln, die sich heute nach eher "bunt statt braun" präsentiert.

Drittens hat es die NDP geschafft, aktuelle soziale Themen zu besetzen. So stellte sich die NPD mit an die Spitze der Protestbewegung gegen Hartz IV. Der Erfolg zeigte sich prompt: Zwölf Abgeordnete der Partei zogen in den sächsischen Landtag ein, den sie seitdem medienwirksam als Bühne nutzen.

Das Schlusskapitel "Was tun? Eine kleine Gebrauchsanleitung für den Umgang mit der NPD" fordert die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Partei (" Die NPD gehört nicht verboten, sondern widerlegt"), kurzfristiger Aktionismus sei kein Mittel, ihr den Nährboden zu entziehen.



Toralf Staud: Moderne Nazis.

Die neuen Rechten und der Aufstieg der NPD.

Kiepenheuer & Witsch Köln, 1. Auflage 2005 (8,90 €)

Sandra Pingel und Nikolaus Voss

Rezension "Moderne Nazis", Langform.

Lesen Sie hier die ausführliche Rezension.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare