Kultur

Der Zwang zum Wachstum

von Die Redaktion · 14. September 2006

er Ökonom Hans Christoph Binswanger entwirft eine neue Wirtschaftstheorie. Die Antwort auf die Frage, warum das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes für viele zu wichtig ist, findet er in der Dynamik des Geldes: Der Unternehmer brauche Kapital bevor er anfangen könne zu produzieren. Und die, die ihm Kapital geben, hofften auf Gewinne in der Zukunft. Ein Kredit könne wohl einmal abgezahlt sein, aber in einer Aktiengesellschaft "verewige" sich dieser Prozess. Die Aktienbesitzer wollten durch immer neue Investitionen die Gewinne steigern.

Aber Binswanger argumentiert nicht nur betriebswirtschaftlich, sondern auch volkswirtschaftlich: Die Unternehmen rechtfertigen mit den Gewinnen von heute die Investitionen von gestern. Damit heute aber genug Geld da ist, müsse gesamtwirtschaftlich gesehen wieder neu investiert werden - in Löhne und Gehälter, damit genügend Kaufkraft vorhanden sei, die produzierten Güter zu bezahlen. Das aber verstetige den Prozess von Investitionen und Wachstum.

Binswanger gibt die Fragen, die sich aus seinem Befund ergeben, an die Gesellschaft zurück: Bisher sei es so, dass die Politik mit wachstumskonformen Mitteln versuche, die ökologischen oder sozialen Kollateralschäden des Wachstums abzumildern - indem man zum Beispiel ein "nachhaltigem Wachstum" anstrebe. Binswanger sieht aber nüchtern, dass die Politik sich im Falle eines Konfliktes zwischen Wachstum und seinen negativen Folgen immer für das Wachstum entscheiden werde.

Kein Buch das lautstark aktuelle Entwicklungen beschreit, sondern grundlegende Kategorien erarbeitet. Aber genau deswegen ist es politisch brisanter als vieles, was sonst publiziert wird.



Christoph Fleischmann

Hans Christoph Binswanger: Die Wachstumsspirale. Geld, Energie und Imagination in der Dynamik des Marktprozesses, (Metropolis Verlag) Marburg 2006, 434 Seiten, 24,80 Euro, ISBN 389518554X

0 Kommentare
Noch keine Kommentare