Franz Hutsch weiß, wovon er schreibt. Der 1963 in Aachen geborene Politologe, Kriegsreporter und investigativ arbeitende Journalist war bis 1995 selbst Bundeswehr-Offizier und danach
Berichterstatter aus diversen Krisengebieten wie Irak, Sierra Leone und Afghanistan. Er recherchiert nicht nur, was passiert, sondern auch, wer welchen Anteil am militärischen Geschehen hat und
was das bedeutet. Die privaten Söldner, um die es in diesem Buch geht, stehen sonst kaum im Blickfeld, wenn es um internationale Auseinandersetzungen geht. Aber offenbar spielen sie eine immer
größere Rolle. Für sie sind Kriege vor allem eins: privater Gewinn.
Hutsch ist der Meinung, dass die Auslagerung von einzelnen für das Militär notwendigen Bereichen, selbst, wenn es sich nur um Beköstigung, Fuhrparks und medizinische Versorgung handele, zum
Entstehen von an bewaffneten Konflikten interessierten privaten Trägern führen könne und führe. Auch der Bundeswehr attestiert er solches Outsourcing.
Geschätztes Know-How
An individuellen Beispielen weist er nach, dass in den Kriegen der Welt agierende private Söldner zu Allroundern geworden sind. Mal kochen sie für die Militärs, mal führen sie Verhöre
durch, mal begleiten und schützen sie Militärtransporte und schießen wild um sich, wo sich Gefahr aufzubauen scheint. Das besonders Gefährliche daran: Sie verfügen weder über die Kenntnissse z.B.
in Völkerrecht noch kennen sie die Reglements, die sie daran hindern könnten, unverhältnismäßig zu reagieren.
Lange Zeit übten amerikanische Firmen (wie Blackwater) und ihre Söldner dieses private Kriegshandwerk aus. Doch mittlerweile ist laut Hutsch eine Internationalisierung auch dieses Geschäfts
festzustellen. An deutschen Söldnern werde beispielsweise geschätzt, dass sie Leute ohne Folter zum Reden bringen könnten. Skandale wie der von Abu Ghraib und Guantanamo hätten den Wert solch
Vermögens wachsen lassen.
Private Krieger
Auf der einen Seite private militärische Unterstützer der offiziellen Militärs, auf der anderen Seite komplette Privatarmeen, denn um nichts anderes handele es sich bei Osama bin Ladens
"Militärfirma", die private Islamkrieger unterhalte, die sich keiner staatlichen Autorität fügten. Die Folgen seien verheerend, denn der Einsatz der "Contractors", der Vertragspartner, wie sich
die "Freiberufler" des Krieges nennen, sei dazu geeignet, nationale und internationale Rechtsnormen auszuhebeln.
Selbst die NGO's, die humanitäre Hilfe leistenden Nicht-Regierungs-Organisationen, sind teilweise auf die Hilfe der Privatmilitärs angewiesen, werden ihre Vertreter in den Krisengebieten
doch immer häufiger in der Arbeit behindert und selbst bedroht. Humanitäre Hilfe ist dringend notwendig. Die sie leisten bedürfen des Schutzes.
Individuelle Schicksale
Die deutschen Söldner, die der Autor befragte, nannten ihm nur ihre Vornamen. Sie waren sich der rechtlichen Problematik ihres Handelns bewusst. Warum sie ihren Weg beschritten aber
erzählten sie ihm. Es waren die allgemeinen Probleme des Landes, die hier zur Sprache kamen, vor allem die hohe Arbeitslosigkeit in bestimmten Regionen wie etwa Thüringens. Anfangs glauben sie
zudem oft noch an hehre Ziele ihrer Einsätze.
Wo private Söldner agieren, wird kein Parlament zum militärischen Einsatz befragt. Kontrollen werden außer Kraft gesetzt. Brutalität gegenüber Zivilisten hält Einzug. Private Söldner
erhalten kaum Unterweisung und keine psychologische Beratung, die überbordende Gewalttätigkeit verhindern bzw. wenigstens einschränken könnte. Es entstehen gefährliche Grauzonen. Etwa eine
Million Menschen sollen bisher weltweit für private Sicherheitsfirmen arbeiten. Tendenz steigend!
Was tun
Eine Lösung des Problems ist offenbar gegenwärtig nicht in Sicht. Hutsch sorgt dafür, dass es uns wenigstens bewusst wird. Als islamistische Gotteskrieger Verdächtige würden beobachtet,
meint er, und fordert, dass ebenso nachgeprüft würde, was Polizisten und Soldaten nach ihrer Dienstzeit mit erworbenem militärischem (schließlich auch aus Steuergeldern finanziertem) Wissen
anfangen.
Außerdem aber kritisiert er generell, dass die Kriegsmaschinerie nicht mehr dem Schutz der Menschenrechte diene, sondern den Interessen des Kommerzes. Obgleich die Finanz- und
Wirtschaftskrise das Unvermögen des Managements gezeigt habe, seien Entscheidungen auf dieses zurückzuführen.
Dorle Gelbhaar
Franz Hutsch "Exportschlager Tod. Deutsche Söldner als Handlanger des Krieges", Econ Verlag, Berlin, 2009, 288 Seiten, 18,90 Euro, ISBN 978-3-430-20072-1
ist freie Autorin, Vorstandsmitglied des Verbands deutscher Schriftsteller im ver.di-Landesverband Berlin sowie stellvertretende Vorsitzende des Kulturwerks Berliner Schriftsteller e. V.